Luxembourg MUDAM 🇱🇺

MUDAM

Belval: Wir wollen nach Luxembourg Stadt. Aufgrund irgendetwas ist sämtlicher Zugverkehr eingestellt. Vor dem Bahnhof suchen wir vergeblich den Ersatzverkehr. Wir fragen rum und ein Busfahrer winkt uns. Wir sollen erst mal ein Stück mit ihm fahren. Wenig später an einer Haltestelle winkt er uns und springt aus dem Bus. Draußen studiert er die Fahrpläne und zeigt uns, welchen Bus wir nehmen können. Hab ich noch nie so erlebt. Ich erzähl das nur mal für diejenigen, welche den Berliner Nahverkehr gewöhnt. (🇬🇧 translate article)

In der Stadt angekommen fragte GG: »Bist du bereit für Mudam?« Es klingt für mich wie Ku-Damm im Munde eines Kindes. Natürlich ist damit aber ∙Das Museum für zeitgenössische Kunst∙ gemeint.

Darf ich euch einladen festzustellen, ob diese Kunst nun zeitgenössisch oder aus dieser gefallen. Ihr werdet es hier nicht aus eines Künstlers Auge, eines Kunstverständigen, eines Kunstkritikers betrachtet sehen, sondern nur aus dem eines Unbedarften, der Schönheit und des Lächeln-Suchenden.

Mein erster Eindruck ist Enttäuschung. Hier wird irgendetwas ab- oder aufgebaut und  somit für mich nicht zugänglich – erreichbar – in einer anderen Dimension – oder im Karton.

Tatsächlich ist es die Ausstellung ∴Deep Deep Down∴ vermute ich, denn so richtig habe ich bis zum Verlassen des Museums nicht herausbekommen, wo diese anfängt und wo sie höret auf.

Um was geht es bei dieser Ausstellung? Ich fasse es mal ganz kurz zusammen. Es wurde mal sehr tief im Keller gewühlt und dann nach einem irrwitzigen Schema entsprechend etwas nach Oben gebracht. In einem Raum immer das erste Stück und in dem Nächsten nach Alphabet sortiert. Klingt nicht wirklich kunstgerecht und doch kann da etwas zusammenkommen was nun überhaupt nicht zusammen gehört. Es ist auch alles nur, ja wie soll ich sagen, B-Kunst. Warum kaufen die Museen es und lassens dann im Keller?

Jedenfalls wollten sie nicht viel Energie darein stecken, die eingelagerten Kunstwerke kuratorisch zu bearbeiten, sondern einfach so viel wie möglich ausstellen und es den Besuchenden selbst überlassen. Gehen wir’s an!

Trevor Paglen (Parcae) & Martin Parr

Ich komm rein und seh das. Ja, es sind zwei Bilder, ist schon klar. Doch die Würschtel… das Universum, die Sterne. Alles im Zusammenhang mit der Unendlichkeit? (In Austin(TX) las ich in einer Kneipe:  ⚛︎ Zwei Enden hat die Wurst – unendlich ist der Durst ⚛︎)

Es sind übrigens oft keinerlei Erklärungen zu finden, außer so etwas wie Öl auf Leinwand.

Neo Rauch (Stoff)

Ist das nun zeitgemäß? War es es damals, bevor es hier im Keller landete? Wird es es irgendwann mal sein, wenn Außerirdische unsere Kugel finden und ein wenig rumbuddeln? Heute erscheint es mir aus der Zeit gefallen.

John Murphy (A Clearer Conception of Vision)

OK – das geht immer! Welch ein Wagnis zu wechseln von Rot zu Lila. Welch eine Inspiration! Erst mal auf die Idee zu kommen. Respekt. Doch was ist dieser kleine Fehler? Ein Ohr?

Albert Oehlen (Froher Depp)

Brauch dieses noch eine Erklärung? Es ist doch leidlich egal, ob der Depp auf oder vor der Leinwand ist.

Frederic Prat ( Vert)

Ich stehe davor und in mir versucht es zu finden eine Idee. Doch ich komm nicht drauf. Mehr gesagt, lässt sich mein erster Gedanke nicht verschieben. Ich radiere an ihm rum doch er lässt sich mangels einer Idee zum Ãœbermalen nicht verwischen. Also – ich hab da so ne Tochter, welche auch mal ward gewesen sehr jung, lieblich zart, mit vielen Farben an den Fingern, intensiv konzentriert, erwischt von mir – ein Strahlen im Gesicht….

Patrick Tosani ( Zone II)

Ein simples Glas. Leer. Fotografiert auf einem Tisch. Einfallsreich in meinen Augen, die Idee so etwas als Kunst verkaufen zu wollen, zu können.

Roland Fischer

Da kann man nicht einfach vorbeigehen, oder? Der Blick. Intensiv blau wie auch darum herum. Doch was ist ihr Begehr? Ich bin mir nicht ganz sicher. Ist es Verlangen; Ist es ✧ Komm Du mir mal nach Hause Freundchen ✧; Ist es Erstaunen; Ist es Resignation; Ist es Hä?

Hier wieder die vielen Kisten. Und ja, es gehört zur Ausstellung. Das sind die Werke, welche es nicht an die Wand schafften, warten im dunklen Holz auf ihren Moment. Wird er jemals kommen? Was in den Kisten konnte ich nicht eruieren. Doch Teil der Ausstellung zu werden ist jedem nach seinem Belieben erlaubt. Du kannst dich in welcher Form auch immer auf den Kisten arrangieren.

Wir schreiten in den Raum der alphabetischen Auswahl.

Katrin Freisager (Anna) & Bernd Frize (Extension)

Dieses Paar. Wenn es doch gewollt wäre. Die junge Frau versunken betrachtend das Werk nebenan. Könnte ich verstehen. Bald werden sie wieder getrennt in Kisten im Keller schmoren, zurücksehnend diesen Moment.

Kaum zu erkennen, versteckend im leichten Unterschied der Farbe.

Germaine Hoffmann (Engel am Kreuz)

Ich war erinnert an die MoMa wo doch auch altes Zeitungspapier sein zweites Leben fand. Ganz davon abgesehen, ob ein Engel nun ans Kreuze gehört

Dom Sylvester Houedard (ode to the breast of saint agatha)

OK – was auch immer es darstellen solle. Ich bin so tolerant, es akzeptieren zu wollen. Nicht aufregend, ein paar parallele Linien. Rot auf vergilbten Papier. Doch eine Ode an die Brust – come on! Ich verstehe nicht. Wo? Faszinierend von dem angesprochenen Objektinhalt würd ich gerne auch eine Ode abgeben, soweit d’accord,  doch in mir kommen da keine geraden geknickten Linien in den Sinn.

Godwin Champs Namuyimba (The Harvest)

Das fängt das Auge. Markant in den Vordergrund gesetzt und doch irgendwie aus ihm genommen. Verwirrend für mich, dieses als Ernte zu betiteln. Was wurde geerntet?

Manuel Ocampo (An Object functioning as a Nostalgic Emanation of Libidinal De-amputations)

Also ehrlich Рich betrachtet es wie immer vollkommen vorurteilsfrei und auch irgendwie naiv, um der vermeidlich versteckten Sch̦nheit eine Chance zu geben, unbeeinflusst von dem Wissen, was es darstellen sollt. Irgendwas k̦nnt ich versuchen zu erkennen, doch als ich die Namensgebung sanft mit dem Auge streifte, dachte ich nur Рn̦! Da sehe nicht den kleinsten libidin̦sen Zusammenhang.

Judith Walgenbach (Biomass Yeast Dough)

Ich versuchte zu ergründen, welche Lebenssituation hier angesprochen. Ziehen sie durch die Gedärme?

Ein wenig außerhalb der eigentlichen Ausstellung entdecke ich dieses. Was ist das? Eine Installation von irgendwelchen Leitungen. Doch dieses Material hab ich noch nirgends gesehen und ich hab schon viel gesehen. Ein wenig wie gefüllter Dünndarm. GG darauf angesprochen wollte nicht wahrhaben, dass es Kunst ist. Doch die Leitungen kommen aus dem Nichts und enden auch dort.

Tourmaline

Etwas abseits vom Hauptgebäude ist ein Pavillon mit einem Glasdach. Der Sonne Strahlen spielen mit der hier aufgestellten Kunst. Ein besinnlicher, schöner Ort.


Wir gehen in die Ausstellung von Peter Halley. Bevor ich euch nun mitnehme – klar habe ich schon einen Blick hineingeworfen – möchte ich euch einen Auszug aus der Erklärung offerieren. » …..In den 1980er Jahren entwickelte Peter Halley eine charakteristische Formensprache, die er seit nunmehr über vierzig Jahren in seinem Werk verwendet. Durch einen Rückgriff auf die Formen der geometrischen Abstraktion schuf er schematische Gemälde, mit denen er soziale Fragen thematisierte. Halley setzte sich mit Dingen auseinander, die für die Kunst der letzten zweihundert Jahre von zentraler Bedeutung…. «

Muss ich jetzt irgendetwas sagen? 40 Jahre malt er diese Quadrate! Was für eine soziale Frage beantwortet er denn hier? Diesen viele Quadrate und die Menschheit dreht sich immer noch im Kreis? So lange durchzuhalten, ist auch schon Kunst?

Nicht dass Ihr denkt, andere Formen habe ich euch vorenthalten. Quadrat an Quadrat nur Farben variierend.

Ich seh die Aufpasserin dieser Werke und in mir keimt der Verdacht, dass ihr mehr geholfen an anderen Orten, mit anderer Kunst, mit mehr Inspiration, mit mehr Formen, mit mehr Inhalt. Frau verloren in Quadraten. Ihr Leben hat zu viele Ecken. Doch was weiß ich schon – wo die Dinge, die die Kunstwelt 200 Jahre bedeutend fand, sich verstecken. Ich hab sie nicht gefunden. Das muss ja nicht heißen, dass sie nicht da…

Nicht vorenthalten möchte ich, dass es auch ein paar wenige andere Objekte gibt. Nicht wirklich mit geschwungenen Linien. Nicht wirklich Quadratsfremd. Mit der Erkenntnis reicher, dass sich ein Apartment nur durch das fehlende Gitter von einem Gefängnis unterscheidet, ziehe ich weiter.

Mein Kunstbedarf ist weitestgehend gestillt.

In der Cafeteria liegt ein Buch auf dem Tisch. Ich schlage auf….  ;)

Das Museum ist mitten hinein in ein Fort gebaut worden.

Ein wenig der Wehranlagen ist noch vorhanden.

Der Blick hinüber in die Stadt.

Um dort hinzukommen, muss man erst einmal in die Unterstadt viele Stufen hinab steigen und auf der anderen Seite wieder hoch.

Die Sonne liegt in ihren letzten Zügen. Auf dem Weg zum Bus streifen wir durch die Stadt,

schauen beim Palast vorbei und ab geht es zurück nach Belval.

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