Ich stehe in der Tür des Flugzeuges und bin nun voller Erwartung da. Puh, was ist denn das für eine Luft? Den Gedanken noch im Kopf, von unberührter Natur und klarer Luft, wurde ich schlagartig in die Wirklichkeit zurück geholt. Die Luft war schwanger von Abgasen und feinem Staub. Das ist ja nicht auszuhalten. Es ist so schade, dass wir diese Luft akzeptieren nur für unseren Fortschritt. Wo ist er denn, wenn wir es als absolutes Highlight ansehen, wenn die Luft unbelastet ist? Als Quartier hatten wir uns ein buddhistisches Kloster (Benchen Monastery) vorgestellt, das malerisch auf einer kleinen Anhöhe gelegen ist. 🌍 Was wäre es für ein Blick, wenn die Luft es nur zulassen würde. In diesen Klöstern kann man nicht viel Komfort erwarten. Es ist ein kleines, in die Jahre gekommenes Zimmer. Zu diesem gelangt man über etliche Treppen mitten durch die Anlage und vorbei an den pubertierenden Schülern. Auch hier hat das Smartphone schon Einzug gehalten. Wenn nicht gerade Fußball gespielt wird, stehen sie verstohlen in irgendeiner Ecke und daddeln auf dem Handy. Die Älteren werden es nie verstehen und sind sicher nicht erfreut über den Wandel der Werte, haben aber resigniert.
Unweit des Klosters ist eine sehr bekannte Stupa. (Swayambhunath स्वयम्भूनाथ स्तुप) 🌍 Wir gehen durch die Straßen. Mir wird nun bewusst, wie dieser ganze Staub in die Luft kommt. Straßenbau passiert hier unter laufendem Verkehr.
Wird irgendetwas aufgerissen, fahren die Fahrzeuge den darunterliegenden Sand klein und zerstäuben ihn in der Atmosphäre.
Die Stupa liegt auf einem kleinen Hügel. Zu ihr gelangt man über unzählige Treppen, auf denen du Buße tun kannst. Obwohl, ich kenne mich nicht so wirklich aus mit dem Buddhismus. Soweit ich weiß, wird da nicht so etwas wie Buße verlangt. Kein anbeten von einem Gott. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht es nur darum die Augen zu öffnen und zu verstehen. Kein korrekter Weg. Keine Erbsünden. Einzig die Idee, dass du dir in diesem Leben dein nächstes Leben verdienst. So als kleinen Anreiz, nicht nur Mist zu bauen. Ich, als geborener und überzeugter Heide, kann damit nun ausgezeichnet Leben. Also die Treppen rauf ohne Buße. Oben angekommen breitet sich normalerweise Katmandu aus. Tut es wohl auch heute. Ich sah nicht viel. Mitten auf dem Plateau waren viele Gebetsmühlen. Diese zu drehen, ist wohl ein absolutes Muss, um Karmapumkte zu sammeln. Im Gegensatz zu denen, die wir in Flensburg sammeln, kann es wohl nicht schaden, einige davon zu haben, dachte ich mir. So fing ich an, linksherum die Mühlen abzuklappern und sie durch einen beherzten Stoß in Drehung zu versetzen. Dabei kam mir eine tolle Idee, die Energieprobleme dieses Landes zu lösen. Einfach die ganzen Mühlen mit Generatoren versehen. Apropos Energie. Bei unserem Quartier angekommen, machte ein Aushang auf sich aufmerksam.
Darauf waren die Stunden notiert, in denen wir voraussichtlich Strom haben werden. Klingt wie ein Witz? Nein! Drei mal am Tag hast du so für drei Stunden Strom. Alles was irgend möglich, wird dann mit Strom versorgt. Was da an Blindleistung verloren geht! Die Gefriertruhen laufen auf Maximal, um der Strompausen-Hitze entgegenzuwirken. Alle Batterien und mobilen Endgeräte werden aufgeladen. Alles, was bei uns so selbstverständlich ist, erfordert hier eine besondere Logistik. Kalte Getränke werden dauernd umgeschichtet, um die Kühle gleichmäßig über den ganzen Vorrat zu verteilen. Eis wird gemacht, um die Pausen zu überbrücken. Außerdem hast du nur bestimmte Intervalle, um mit dem Rest der Welt Kontakt aufzunehmen.
Ich drehte sehr viele Gebetsmühlen. So sollte ich genug Punkte für meine Wiedergeburt gesammelt haben. Die Welt ist klein. Wir trafen unseren Taxifahrer wieder, der uns erfreut ansprach. Die Nepalesen sind sehr nette Leute. Immer hilfsbereit und ehrlich. Sie versuchen, dich nicht abzuzocken, was den Aufenthalt sehr angenehm gestaltet. In der Altstadt bewunderten wir die tollen Holzhäuser. So filigran gearbeitet. Es gibt eigentlich kaum Stellen an der Fassade, welche nicht durch kunstvolle Schnitzereien verziert sind. Auf den Märkten werden allerhand Dinge feilgeboten. Lebensmittel in natürlichen Verpackungen? Palmblätter werden zu Tellern und Schüsseln geflochten. 🌍
Gewöhnungsbedürftig ist, dass in der Nacht nicht eine Laterne die Straßen erhellt. Man läuft durch stockdunkle, enge, verwinkelte Straßen und weicht unbeleuchteten Fahrzeugen aus, die sich schlängelnd um die Schlaglöcher bewegen. Alles unter einer nie endenden Staubwolke. Hat für mich so eine Stimmung, wie ich mir den letzten Gang vorstelle. Das Essen ist lecker und sehr günstig. Dieses beeinträchtigt aber nicht die Freundlichkeit des Personals. Wir fühlten uns sehr willkommen. Zu unserem Quartier nahmen wir ein Taxi, weil es uns einfacher erschien. Den Fahrer verpflichteten wir gleich für den nächsten Tag. Das könnte man sich Deutschland nicht leisten.
Patan, ein Nachbarort, unterscheidet sich nicht sehr von der Katmandu. Wieder viele Häuser aus Holz. Einige Tafeln verwiesen auf deutsche Mithilfe beim Restaurieren nach dem großen Beben. Auf kleinen Plätzen gehen die Handwerker ihrem Gewerk nach. In unterschiedlichen Becken werden Stoffe gefärbt und dann zum Trocknen aufgehängt. Es ist eine schwere Arbeit und besonders Gesundheitsfreundlich sieht es auch nicht aus, den ganzen Tag in diesem Färbewasser rumzustehen und die Stoffe mir der bloßen Hand zu wenden. Töpfer haben mitten auf einem Platz ihre frisch geformten Vasen und Schüsseln zum trocknen in der Sonne aufgestellt. Daneben machen sie ein Feuer, um in dessen Glut die Objekte zu brennen. Daneben sitzt ein Barbier, der einem Jungen die Hare wäscht und schneidet. Ein seltsames Bild, welches an Zeiten erinnert, die in Europa schon lange verflogen sind. Nahe einer großen Stupa ist eine Werkstadt, in welcher Mandalas gezeichnet werden. Ein Pinselstrich ist dünner, als je ein Bleistift zeichnen könnte. Farbtöne und Übergänge werden durch die Anzahl der Striche pro Flächeneinheit realisiert. Faszinierend. Es ist mit bloßem Auge nicht zu erkennen.
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