Prora – Stubbenkammer (2) 🇩🇪

Rügen

Seedorf: Die Sonne lacht und ich reibe meine trüben Augen. Draußen sehe ich jemand mit einer Tüte frischen Backwerks. Gestern ist unser Nachbar in Stralsund etwas kaufen gewesen. Doch jemand erzählte von einem fahrenden Bäcker. Könnte es sein? Ich habe meine letzten zwei Euro in der Tasche und versuche mein Glück. Tatsächlich bekomme ich die beiden letzten Croissants für dieses Geld. Einen sogar mit Schokolade. Ich bin entzückt, auch wenn ich noch nicht weiß, wo ich die 50¢ fürs Duschen herbekommen soll.

Nicht weit entfernt liegt Binz. Anders als in Sellin ist hier die Promenade direkt am Strand entlang.

Das seit 1890 ladende Kurhaus erstrahlt so, wie sich sein Erbauer es wohl gedacht.

Die Hauptstraße lädt ebenfalls zum Flanieren. Heute ist gemessen an der Jahreszeit nicht viel los. Hat auch ein Gutes. Nördlich angrenzend von Binz liegt Prora.

Ein großer, mit Betonformsteinen gepflasterter, der Natur entrissener Platz lädt zu nichts weiter ein, als sein Fahrzeug dort zu parken. Natürlich gegen ein gehöriges Entgelt. Vor uns das Ensemble der KDF Anstalt. 🌍 Hier sollten viele der Arbeiter, welche den ganzen Tag irgendwelche Handgranaten zusammen bastelten, sich erholen, um für die nächste Schicht genügend Reserven zu haben. Unglücklicherweise waren alle Granaten schon verschossen, bevor der Bau beendet. So stand er da an Meeres Strand bis dann die NVA sich diesem annahm. Welch ein Vergnügen musst es gewesen sein, durch den Sand zu robben und mit einer Kalaschnikow zwischen äsenden Hirschen rumzuballern. Auch wie das System ging die Blütezeit der dieses beschützenden Streitkraft zu Ende. Vielen erschien das Karma der nun hinrottenden Ruine nicht rosig. Allein die Hirsche, befreit vom Kugelhagel, schätzten die Veränderung. Immerhin nach 30 Jahren schafften es die Behörden sich zu einigen.

Nun werden die KDF Zellen zu Ferien-Apartments verhökert. 60m2 für 300 000 €. Natürlich nachdem man den Reichsanstrich etwas erneuerte. Inzwischen sind auch ein paar junge Bäume gewachsen, die das ganze vom Strand gesehen verstecken. 4km Beton scheint zwar imposant, doch nicht sehr lieblich.

Angekommen am Strand, sieht man das Werk des Meeres. Unaufhörlich naget es an dem Tausendjahrreichsbeton. Schau mal an. Auch dieses Versprechen konnte nicht eingelöst werden. Der Sand ist schon verschwunden und nun gibt es für die Brandung noch die Aufgabe, die Bewährungsstähle freizulegen. Sandkorn für Sandkorn wird aus dem Gefüge gelöst, bis dann nichts mehr da, was daran erinnert, was gewesen. Irgendwie beruhigend, finde ich.

Sassnitz – kurzer Besuch im Hafen und keine Lust schon wieder für einen Parkplatz ein Vermögen zu opfern.

Der Plan ist Lohme anzusteuern und von dort zum Königsstuhl zu laufen. Der Womo Abstellplatz erfüllt nicht die Kuschligkeit, die wir benötigen. Oben auf dem Hügel war noch ein Campingplatz. Der Wart war wohl nicht da, doch die Wirtin machte mir keine Hoffnung. 60% Belegung sei erlaubt und ein Prozent davon erhält nur jener, der diese vorher geordert. Glücklicherweise war zwischen den angefahrenen Orten ein kleiner Schotterplatz, welche für die Besucher eines Hünengrabs gedacht. 🌍 Wir platzieren unseren BüS und bereiten Chili. Das Essen verschwindet genussvoll in unserem Schlund, während das Auge ungebremst die Weite genießt. Bis Kap Arkona reichet der Blick. Ach, war das gut. Ein Kaffee und ein Stück Kuchen als Nachtisch. Warum nicht?

Hinter unserem Stellplatz, welchen wir auch für die dunkle Zeit des Tages nutzen werden, führt der Weg zum Hünengrab. Meine Großeltern nannten diese Steinanhäufungen immer so. Real sind es Grabmäler der jungsteinzeitlichen Trichterbecherkultur. Was es nun wieder mit diesen Bechern auf sich hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Klingt jedenfalls so, als ob die mal gerne einen gebechert haben. ; ) Das vor uns liegende Grab ist meines Erachtens das einzig erhaltene Ganggrab der Gegend. Es war also ein Grab, welches eine Kammer hatte, die man begehen konnte. Noch heut ist der Hügel gut in der Gegend auszumachen. Ob die Kammer noch vorhanden – ich glaube nicht.(Magelowberg)

Der Weg zu Königsstuhl sollte hier abgehen. Nichts. Auch die Abzweigung, ein paar Meter zurück, endet an einem Zaun. So stolpern wir an Feldes Kant zum nächsten Hügel. Der Blick ist echt nicht schlecht. Nahe dem Murmelsee stoßen wir auf den eigentlichen Weg. Diesen folgen wir bis zum Pfenniggrab. Dieses ist eine Großdolme. Allerdings ohne Deckstein. Wieder von den Trichterbechertrinkern angelegt. Wie ihr seht, gestorben wurde früher schon massig.

Ich schau mir das an und denke, für’n Pfennig hat wohl kaum jemand die Steine so drapiert. Nen Groschen werden die wohl schon berappt haben müssen.

Die nächste Landmarke ist die Hertafeste. Ich dachte zuerst, welch vortrefflich geformter Hügel. Unten der tiefste See der Insel.

Unser kleiner netter Weg geht nun auf in den Haupttrail, welcher vom Parkplatz in Hagen kommt. Am Königsstuhl angekommen wollen sie erst 9.50€ pro Person. Ich verweigere mich strickt, da ich den Felsen schon oft gesehen. Die Dame an der Kasse überredet GG für einen Eintritt, welcher nur den Felsen für 5€ beinhaltet. Ich werde mich überreden lassen, auch wenn ich ihr andeute, das Ganze genauestens zu kennen seit der Zeit, als man noch mit seiner Karosse direkt bis vorfahren konnt. Es ist die letzte Chance, noch mal draufzustehen. Es wird so eine Art Hufeisenbrücke drum gebaut und dann ist Schluss mit Fühlen der Kreide unter den eigenen Füßen.

Ein 400m langer Pfad führt zur Victoria-Aussicht. Eigentlich grandioser als der Königsstuhl an sich. Die Treppen, welche hinunterführten, sind leider abgebaut. Von Unten sieht es alles viel imposanter aus. Schade.

Nun zurück durch den Buchenwald.

Vogelkinder lärmen in ihren Nestern. Beim Abendbrot sehen wir, wie die Sonne hinter Kap Arkona versinkt.

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