Weihnachtsgeschichte auf Französisch 🇫🇷

Wir lasen über ein grand spectacle in einem Vorort von Marseille.  La Descente des Bergers.  Da wir nicht die um den Weihnachtsbaum Sitzenden sind, fanden wir es eine gute Idee. Aus Angst vor der zu erwartenden großen Kälte – es sollte erst nach 22:00 Uhr losgehen – kaufte ich mir schnell noch eine Mount Everest taugliche Jacke.

Allauch ist ein kleiner Ort auf einem Hügel, welcher Straßenbreiten für die im 8. Jahrhundert üblichen Verkehrsmittel vorhält. 🌍 Schon von weitem sieht man die Kapelle Notre-Dame du Château thronend auf dem Hügel. Ich vermute das Schauspiel zu ihren Füßen und freute mich auf eine nächtliche Wanderung. Als Erstes müssen wir sehen, wo wir die Voiture abstellen. So deichseln wir sie durch die engen Gassen, um sie ganz unten an der Umgehungsstraße in einer Bushaltestelle abzustellen. GG ist zwar nicht erfreut, dass ihr Auto sofort als Deutsches erkannt wird, aber sie möchte es auch nicht zu einem expressionistischen Ausstellungsstück französischer Couleur umgewandelt haben. Hier ist so die Sitte bei vermeintlichem Nichtdurchkommen Gas zu geben und die Umgebung seinem Wunsch anzupassen. Umdrehen gibt es nicht. In den engen Gassen der Stadt hätten wir nach der Vorstellung von GG so etwas in der Form einer Piaggio Ape wiedergefunden, anstelle des BMWs.

Wir tingeln die einsamen Gassen den Hügel an. Riesige Volksmassen sind noch nicht unterwegs. Im Internet wurde frühzeitiges Erscheinen unbedingt empfohlen. Eine kurze Serpentinenstraße – drei Kurven – geht zur Kapelle. Hier muss die Prozession runterkommen.

p1040114Vereinzelt sitzen Leute auf dem Mäuerchen und warten. Noch 1 ½ Stunden. Wir ziehen noch einmal kurz durch den Ort. Aus Angst vor dem Verlust eines guten Platzes gehen wir zurück. Die Mauer ist ars…kalt. Wie der Name schon sagt, genau an dem. Sitzen ist also nicht. Ich ersehne die Zeit des Anfanges herbei oder ich könnte auch sagen ich verschenke zeit meines Lebens mit Freude in welcher nichts weiter passiert, als dass meine Körpertemperatur langsam fällt. Als kurze Einlage stürzt die Leitplanke unter der Last der vielen Popos ab. Glücklicherweise wurde keiner verletzt. Plötzlich geht die Straßenbeleuchtung aus. Es geht los! Ich schaue die Straße hoch, aber nichts passiert. Unerwartet oben auf dem Hügel ein Licht. Ün Frau, welche offensichtlich schon eine Flasche Schampus leerte, hält eine Rede. Ihr folgend noch der Bürgermeister der Stadt. Nun geht es los. Musik schallet herab vom Berge und es wird offensichtlich die Geburt Jesu verkündet. Da alles in Occitan gesprochen wird, ist mein Verständnis noch geringfügig schlechter als gar nicht. So beschreib ich, was ich gesehen.

p1040123Ein dampfender Engel singet gar lieblich zu einem – sagen wir mal Müller.
muellerDaraufhin springet jener ein wenig auf dem Berg herum und trifft ein paar Hirten, welche ein wenig unerfreut sind von ihm beim Schlafen gestört zu werden. Sie raffen sich jedenfalls auf und machen sich auf den Weg.

p1040129Ein Anderer fällt in den Brunnen und wird unter großem Terz wieder an die Oberfläche gebracht.

p1040132Sie ziehen weiter und verschwinden in der Dunkelheit. An einem kleinen Häuschen, welches jetzt angestrahlt wird, gehen zwei Türen abwechselnd auf und sie singen froh herum. Eine dunkle Gestalt schleicht sich wiederholt an. Alle halten den Atem an. Entwarnung – es ist nur ein etwas dröseliger Fotograf vom hiesigen Provinzblatt. Dann kommt noch eine Dame mit Schirm, die, was weiß ich, mit der Geburtsgeschichte zu tun hat. Als alle, die ich bis jetzt sah, an dem Häuschen zusammentreffen, geht es an den Abstieg.

p1040130Mitten auf dem Berg singt plötzlich Dracula mit seiner schwarz roten Kutte, dabei ein Kind in seinen Bann zu schlagen. Komisch. Ich habe nie Religionsunterricht gehabt und doch die Geschichte etwas anders in Erinnerung. Die Straßenlaternen finden gemächlich zu ihrer alten Leuchtkraft zurück. Die Prozession beginnt.

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Vorwiegend ältere Semester in noch älteren Kleidern ziehen durch den Ort. Es ist alles sehr liebevoll gemacht. Mit größerer Sehnsucht warten die meisten allerdings auf die Herde Schafe, welche um ihren Schlaf gebracht worden ist.

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Jeder hat das Verlangen, durch das wollige Kleid dieser zu fahren. Die Schafe sehen dieses Verlangen mit gemischten Gefühlen. Sie scheinen eher das Ende dieses Rittes herbeizusehnen. Dicht aneinandergedrängt jagen sie die Gasse hinunter, nur gebremst von der grapschenden Schar Schaulustiger. Die Prozession endet in der hiesigen Kirche. Wir blenden uns an dieser Stelle aus.

Es war wirklich total süß. Das Ganze ist nur von Ansässigen geplant und ausgeführt. Meine Hochachtung.

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