Alles beginnt mit der Fahrt durch Marseille. Ich komme durch Viertel, die ich nie zuvor gesehen. Die Stadt ist schon sehr vielfältig. Von Vorurteilen geprägt mied ich die Stadtbezirke mit zweistelligen Nummern. Nun entdecke ich auch hier schöne Ecken. Wie es sich in denen lebt – weiß ich nicht. Kaum raus aus der Stadt stehen Platanen am Straßenrand und begleiten den schlängelnden Asphalt hinaus in die Landschaft. Es geht durch kleine Ortschaften, bis du plötzlich ziemlich allein bist auf weiter Flur. Im kleinen Städtchen Nans-les-Pins ist um die Mittagszeit alles geschlossen. Glücklicherweise haben sie das Internet vor der Tourist Info nicht abgeschaltet. Auch wenn dieses sehr langsam ist, finden wir eine Beschreibung zu unserem Ziel. Wir fahren Richtung Sainte-Baume. An der scharfen Linkskurve geradeaus Richtung le Tigre bis zu einer Fabrik rechter Hand. Im Wald ist ein kleiner, wilder Parkplatz. Von hier geht es zu Fuß weiter. Wir packen unsere Sachen. Im Himmel fängt es an mächtig zu grummeln. Ich habe keine Lust, nach dieser langen Fahrt unverrichteter Dinge wieder umzukehren. So wandern wir los. Es geht gemütlich durch den Wald. An der nächsten Gabelung sind wir uns nicht einig, wo lang wir weiter müssen. Die Beschreibung ist eindeutig, aber die Interpretation der realen Umgebung, lässt gewissen Spielraum zu.
Mich verlangt’s nicht nach weiteren Diskussionen und so entferne ich mich ein wenig von der Truppe. Das führt wohl zum weiteren zerstreuen Derselbigen. Meine Tochter ist eh nur mit Blick aufs Handy unterwegs und bekommt gar nichts mit.
Es fängt an leicht zu regnen. Das stärker werdende Donnergrollen zeigt ein Nahen des Gewitters. Plötzlich sehe ich GG nicht mehr. Laufe ein paar Schritte zurück auf die offene Wiese. Nichts zu sehen. Ich vermute sie auf dem Weg zurück zum Auto. ( In Wirklichkeit saß sie unter einem Busch um ihr grad repariertes iPad vor dem regen zu schützen) Weiter gehend komme ich an den Fluß. Kein rauschendes Wasser, kein murmelnder Bach! Wenn ich noch eine Weile hier stehe, wird er wohl gefüllt werden. Der Regen wird immer stärker und ich bin total durch.
Also gut – ich kehre um. Auf halber Strecke finde ich den Rest meiner Wandertruppe wieder, angelehnt an einen nicht nennenswerten Vorsprung im Fels. Kaum, dass er Schutz bietet. Das iPad liegt trocken in einer Spalte oberhalb. Was nun? Meine Tochter will sich auf den Weg machen. Ich rufe GG zu: » Ich komm gleich wieder. Warte hier! « und renne los. Wasser peitscht unter meinen Füßen hervor. Der vormals bequeme Weg wird zur rutschigen Lehmpiste, durchflossen von Rinnsalen braunen Wassers. Diese schmierige Paste in meine Sandalen macht das Rennen eher zum Glücksspiel. Meine Tochter verliert den Anschluss. Am Auto angekommen springe ich nass wie ich bin hinein und versuche den Pfad zurück mit diesem zu bewältigen. Ich hatte keine Idee, wie ich GG’s iPad sonst hätte retten können. Mist, wo ist Lu? Sie sollte doch langsam entgegenkommen. Modder verteilend geht es weiter durch den Wald. GG kam mir entgegen. Völlig aufgelöst, die Arme schlapp herunterhängend trottet sie den Weg lang. Ein begossener Pudel sieht glücklicher aus. »Wo ist das Pad?« fragte ich. »Es liege noch immer oben in der Spalte.« Ich also weiter zu der Spalte, iPad gegriffen und schnell zurück zum Auto. Alsgleich wenden und zurück. Wo ist Lu? Sie steht auf dem Parkplatz. Mir ist immer noch nicht klar, wie wir aneinander vorbeigekommen sind, ohne uns zu sehen. Wanderung beendet! Wir machen uns auf den Heimweg. Die Straße Richtung Sainte-Baume ist kurvig, wie auch schön. Der Regen wird weniger, die Wolken reißen auf und langsam wird der Fernblick wieder klarer.
Da wir noch etwas bei IKEA kaufen müssen und meine Damen nicht in ihre nassen Sachen steigen wollen, gehen sie in Badekleidung mit umwickeltem Handtuch hinein. Das verwunderlichste ist. Sie finden kaum Beachtung.
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