Ushuaia, Tag X+1, El Calafate 🇦🇷 (32)

Argentinien [Tierra del Fuego / Lago Argentino]

Ushuaia, 7 Bordkarten
(🇬🇧 translate article)

Joe: Heute Morgen treibt uns nichts. Das Hostel ist wirklich ruhig. Nachts war ein wenig Wind und alles draußen klapperte und knarrte. Solange ich da im Bett angeschmiegt liege, mag ich dieses Szenario.

Ein neues Gefühl hat sich bei mir immer noch nicht eingestellt. So irgendwie habe ich gedacht, es müsste was anders sein, wenn man diese Prozedur absolviert hat. Na ja, also wenn man unter der Haube kommt, oder wie sagt man – an die Kette gelegt – wird. Der frisch gefangene Schwarzafrikaner, gerade angekettet an die Liniengaleere Rom – Konstantinopel, hat sicher einen Perspektivwechsel. Ihm stehen plötzlich Möglichkeiten offen, neue Ufer zu erreichen, neue Horizonte zu entdecken, neue Symbiosen mit des Ruders Holz einzugehen und ein geselliges Beisammensein mit seinen Brüdern während dieser unfreiwilligen Kreuzfahrt zu genießen. Er wird sicher nicht sagen, dass es für ihn dasselbe ist, hier angekettet zu sein, wie frei, ungezwungen und mit Lendenschurz bekleidet durch die öde afrikanische Savanne zu ziehen. Bei mir stellt sich jedenfalls noch kein so großer Wechsel ein. Eventuell – zum Glück. Beim Frühstück haben die einzigen Gäste Deutsch gesprochen. GG.: »Hola ihr seit die ersten Deutschen, die wir hier treffen.« »Ja, wir sind aber gar keine!!! Wir kommen aus Wien. « Ja – kurzes Schweigen zieht durch den Raum. Dann ist es alles wieder OK, und wir tauschen aus, was wir erlebt haben. Wir fahren zu unseren Freunden in der Autovermietung. Sie haben uns Gestern angeboten, dass wir zusammen mit dem Auto direkt zum Flughafen fahren können. Es wäre für uns einfacher, als das Gepäck andauernd umzuladen. Total nett. Wir also zur rental Station, um zu fragen, ob wir noch ins Museum gehen können. Ja ja, kein Problem. Fahrt danach direkt zu Flughafen. Facundo wird dann dort sein. Wir gehen noch ein wenig durch die Stadt, um Tschüss zu sagen zu dem Ort, der uns so herzlich aufgenommen hat. Wieder scheint die Sonne und 4 Zinnen bewacht die Szenerie.

Ushuaia

Eine Kerze wollen wir noch in der Kirche anzünden in Gedenken an die Familienmitglieder, die nicht mehr bei uns sind. Es scheint hier nicht üblich, und so denken wir derer im Stillen. Auf zum Flughafen! Facundo wartet. Noch mal ein Abschied. By By Ushuaia.

Wir fliegen sehr flach über den Beagle-Kanal. Der Wind, der da draußen herrscht, schüttelt die Maschine durch. Ein letzter Blick auf Ushuaia von Chile aus. Kaum sind wir aus der Stadt, sieht man wie Wolken den Himmel über ihr einnehmen. Selbst die Einheimischen meinten: »So lange, fast nur Sonne, ist sehr ungewöhnlich für diese Gegend.« Den ersten Blick auf das flache Land von Patagonien erhaschten wir aus dem Flieger. Ganz ehrlich, so einladend sieht es nicht aus. Eher so ein wenig, wie man sich eine Mondlandschaft vorstellt. Alles in Brauntönen. Ein paar Flüsse mäandern durch die Landschaft hinterlassend der Schwebstoffe auf dem trocken Ufer. Einige Seen, die zum Teil wie Salzseen aussehen. Eine Straße führt schnurgerade gen Horizont. Wird sie jemals auf eine Ansammlung von Häusern stoßen? Wir wissen es nicht, und sind auch momentan nicht sauer darüber, sie nicht abzuschreiten.


El Calafate, 6 Bordkarten

Gelandet in El Calafate suchen wir die Autovermietung. Ja die gibt es hier nicht. Nur in der Stadt. 20 km entfernt. Ich krame meine Unterlagen heraus. Tatsächlich, ich habe es in der Stadt gebucht. Was für ein Mist. Ich habe kurzfristig gebucht. Offensichtlich ohne große Sorgfalt. Zum Andern war ich mit anderen Dingen im Kopf wohl nicht so konzentriert. Wir brauchen unbedingt ne´ Karre! Wir haben nur einen Tag und der Gletscher ist ja wohl nicht neben unserer Unterkunft.

GG. guckt komisch, aber sagt nix. Bustickets kaufen und zum Hostel. Das ist nett. Gleich wieder los, um eine Tour für morgen zu organisieren. Sauteuer. Der Transport zum Park ist, bei einer Tour Buchung mit Wanderung, nicht möglich. Der Bus ist leider schon voll. Ok, also wir brauchen das Auto. In der Mietwagenfirma findet man meine Buchung nicht. Sie telefoniert ein wenig herum. Was habe ich da nur gemacht? Meine Buchung ist für nächsten Monat. Toll. Vor Ort ist die Buchung für einen Tag doppelt so teuer und man hat nur 200 km pro Tag frei. Wir sollen morgen um 9:30 wieder kommen. Eventuell ist dann was da. Geht gar nicht – wir haben doch nur einen Tag. Sie greift nochmals zum Hörer. Ok, die Argentinier sind sehr flexibel. Wir können ein anderes Auto haben. Aber nur für morgen. Übermorgen ist alles ausgebucht. Wir kriegen es jetzt mit. Sie nimmt den Voucher dafür und schreibt eine Rechnung für einen Tag. Ob wir den zweiten Tag des Vouchers wieder erstattet bekommen, müssen wir selbst klären. Ist jetzt sowieso egal. Wir haben ein Auto und buchen die Tour. Alles wird gehen. Außer GG. Da geht gar nichts mehr. Sie braucht dringend ein Stück Fleisch. Sie streunert wie ein hungriger Hund durch die Straßen und wenn sie nur ansatzweise etwas lecker Gegrilltes riecht, ist sie nicht mehr zu halten. Da das jetzt offensichtlich kritisches Niveau erreicht, beschließen wir, das Problem zu lösen, bevor es eine Kernschmelze gibt. Nach einem halben Steak sind die Kontrolllampen alle wieder auf Grün. Ich atme auf. Nur noch was zu Essen kaufen für morgen, da es im Park nichts gibt, und zurück zum Hostel.