TXL ohne IT, Amsterdam ohne Zeit, Air France ohne haute Cousine

Heute ist mal wieder ein Flug anstehend. Ich fahre also mit dem Bus nach Tegel. Irgendwie ist das Leben schon merkwürdig. Bist du knapp in der Zeit, kommt der Bus mit hoher Wahrscheinlichkeit zu spät und steckt dann im Stau. Ziehst du daraus eine Lehre, so wirst du beim Einplanen dieser Unwegsamkeiten dadurch bestraft, dass der Bus absolut auf die Sekunde kommt, keine weiteren Passagiere auf dem Weg einsteigen wollen und du somit viel Zeit auf dem Flughafen verbringen musst. Interessanterweise wird der Abflug deines Fluges bei frühem Erscheinen Verspätung haben. Wie man es dreht und wendet. Entweder du hetzt wie ein Kaputter von Station zu Station deiner Reise oder du dümpelst am Flughafen rum.

Gut, heute war ich sehr rechtzeitig. Ein wenig Abwechslung brachte die Sicherheitskontrolle. War schon die ganze Zeit gespannt, wie das wird. In meinem Rollkoffer war ein 21″ Monitor. Dieser steigerte das Gesamtgewicht auf ca. 22Kg. Erlaubt sind 12. Der Kontrolleur fragte die junge Frau vor mir, warum sie ein kaputtes Glas mitnimmt. Sie riss die Augen auf und sagte – Scheiße. Das war ein teures Geschenk für meine Schwester. Der Kontrolleur flüsterte mir zu: „Ein bisschen Spaß müssen wir auch haben„. Hä? – Das Glas war nicht kaputt. Ich musste mit meinem ganzen Krempel in die Kabine. Er sagte, ich solle mir vorstellen, dass ich fliegen könnte und ihm lächelnd folgen. Grübeln. Ich hab Zeit. So was hatte ich noch nie. In der Kabine strich er vorschriftsmäßig meine Sachen ab, um zu testen, ob da Sprengstoff drin ist. (glaube ich) Auf meine Frage hin gestand er, dass er mal vom Band weg musste. Ich kann ihn verstehen und nehme es nicht übel. Der Aufruf zum boarden kam pünktlich, dann ging es aber absolut nicht vorwärts. Ja, was ist passiert? Totaler Computerausfall. Zu Zeiten, in denen wir hauptsächlich mit der Postkutsche reisten, war das kein größeres Problem. Wer in der Kutsche sitzt, löhnt das entsprechend vereinbarte Beförderungsentgelt und ab geht´s. Schwierig war nur, bei den routinemäßigen Pferdewechselstellen, ein Quartier zu bekommen. Die Pferde werden wir nicht wechseln. Den gelungenen Umstieg in meinen weiterführenden Flug möchte ich jetzt noch nicht prophezeien. Somit könnte das Problem des Quartiersuchens, noch auf mich zukommen (klopf auf Holz – shit, da is nur Plastik – muss trotzdem gehen)
Gut, wie regelt man nun modernen Flugverkehr ohne einen PC? Das Personal bekommt ein Handy in die Hand. Ein Passagier kommt und zeigt seine Bordkarte. Sie gibt den Namen und die Platznummer durch. Dann ruft sie an, ob er auch Gepäck eingecheckt hat und dieses an Board ist. Der Packer hakt dann den Passagier ab und gibt sein OK. Sind alle Informationen eingetroffen, wird im Flieger angerufen und Bescheid gesagt:“Es kommt jetzt ein Herr oder Frau soundso, welcher auf Platz soundso sitzt. Der Platz wird aufgeschrieben.“ Dann zieht der Passagier gen Flugzeug. Der Nächste bitte. Wie lange es dauert, bei diesem Prozedere, kann sich wohl jeder vorstellen. Nach ca. 40 Minuten sind die Meisten im Flugzeug. Nachzügler können sich freuen, doch noch ihren Fug zu erwischen. Jetzt wird im Flugzeug noch mal kontrolliert, ob alle gebuchten Plätze besetzt sind. Es fehlt einer. Mist. Hat dieser sich auf einen anderen Platz gesetzt? Nach einer Stunde ist klar, dass alle, die da waren, drin sind. Ein Anruf beim Packer. Zu jedem angegebenen Gepäckstück ist auch ein Passagier an Bord. Gott sei Dank. Das Ganze noch mal von vorne und ich würde verzweifeln.
Es geht los. Ich habe eine Stunde Zeit zum Umsteigen. Anderen Passagieren geht es nicht anders. Ich weiß ja nun aus Erfahrung, dass die in Amsterdam sehr blickig sind. Da wirst du schon mal an allen vorbeigeleitet und die Gepäckumlader haben es echt drauf. Auf einem Transkontinentalflug stand ich 20Minuten vor meinem Weiterflug noch in dem Flieger und wartete auf´s Aussteigen. Eine Angestellte rief die verschiedenen Flugziele aus und drückte mir ein -Short Time connect- Zettel in die Hand und sagte nur:“Folgen sie dem Buchstaben D und trödeln sie nicht. Alles wird gut„. Ich schaffte meinen Flieger und zu meiner größten Überraschung war auch mein Koffer an Bord.
Jetzt sitze ich erst mal hier im Flieger und harre der Dinge, die da auf mich zukommen. Fast alle Passagiere haben einen Anschlussfug. Es wird wohl ein Gedrängel geben. Die Stewardess erklärte mir:´Wird schon gehen. Sie müssen nicht das Terminal wechseln und wir haben 90 Minuten Flugzeit aufgeschrieben, obwohl wir nur 55 brauchen´. Super, 35 Minuten gewonnen durch eine einfache Frage. Ich glaub’, wir sind schon im Landeanflug. Wie schnell die Zeit vergeht, wenn was los ist. Hat ja auch was Gutes! Ne, es geht noch weiter. In diesem Moment sind die avisierten 55 Minuten um. Kein Land in Sicht. Wir fliegen und fliegen. Wäre dieses ein kleiner Rundflug, würde ich mich freuen. Noch 25 Minuten. Einige im Flieger werden unruhig. Die Flugbegleiter wetzen durch die Reihen. Mir gegenüber kommen Tränen. Nairobi ist weg. Jetzt kommt eine Durchsage. „Ja es tut uns leid. Nairobi und Kuala Lumpur sind nicht mehr zu schaffen. Alle anderen sollte sich sehr beeilen und wir wünschen viel Glück. Eine Bitte an alle, die es nicht eilig haben. Bleiben Sie bitte sitzen und lassen die Leute mit kurzer Umsteigezeit vor„. Ich denke so bei mir – Das hat noch nie geklappt! Immer stehen sie alle auf, sobald das Teil auf seiner Position steht. Noch 20 Minuten. Jetzt geht es wirklich runter. Wir landen und fahren noch ewig auf dem Flughafen rum. Am Gate angekommen (nun doch Terminal D) habe ich noch 15 Minuten. Ein kleiner Chinese gegenüber sagt, er habe derer noch 8. Ich weiß nicht, ob er das schaffen wird. Meine Ungläubigkeit brachte ich nicht zum Ausdruck. Ein freundliches, aufmunterndes Lächeln. Nach 4 weiteren Minuten gingen endlich die Türen auf. Ich glaub es nicht. Die Hälfte des Flugzeuges bleibt sitzen und lässt uns vor. Als wir da mit unseren Koffern überm Kopf zum Ausgang spurten höre ich nur: „The fast and the furios„! Keine Zeit zum Lachen. Griff aus dem Koffer und Blitzstart. 11 Minuten. An der nächsten Ecke steht ein Mitarbeiter, welcher die Nairobi-Fraktion abfängt. Haben die das nicht gehört? Verzweifelte Blicke. Keine Zeit, nach dem Weg zu fragen. Sehe in der Ferne ein C mit einem Pfeil. Meine Richtung. Beschleunige auf Schallgeschwindigkeit. Meines Koffers Räder geben einen turbinenartigen Ton von sich. Glücklicherweise Samsonite. Jetzt ein Platten würde mich echt aus der Bahn werfen. In 5 Minuten bin ich am Gate C9. Total außer Atem. Knalle mit letzter Kraft meine Bordkarte auf den Tresen. Hebe den Blick auf die Tafel. GENUA. Merde! 4 Minuten bis zum Abflug!
Frage nach dem Flug nach Marseille. Ja, der fliegt an Gate C5. OK, ist nicht weit. Bin zwar gerade gegenüber vorbeigerannt, was solls. Komme am Gate an. Zwei Flugbegleiter lächeln mich an: “ Sind sie der von dem Berlin Flug„? „Ja“ „Alles Ok, sie sind rechtzeitig und wir können jetzt pünktlich los„. Hier noch mal einen großen Dank an alle Holländer. Wieder einmal sind sie diejenigen, die alles möglich machen und sich nicht in Vorschriften und Egoismus verfangen. In London hatte ich mal eine Stunde – die hat nicht gereicht, obwohl der Flughafen auch nicht viel größer ist. Im Flieger sind sämtliche Gepäckfächer voll. Der Flugbegleiter sagt genervt, ich solle das unter den Sitz schieben. Mach ich, habe aber dadurch keinen Platz für meine Füße. Jetzt sitz ich im Flieger und der steht hier rum. Klar. Wieder mal die alte Leier. Nach 20 Minuten endlich auf der Rollbahn. So, nun sitze ich in einer Maschine von Air France. Was wird serviert? Ein altes lappiges Brötchen mit undefinierter Füllung. Hergestellt durch BASF aus leckerem Texas Brand. Einen Wein dazu wird mir verwehrt. Kein Bier, kein Alkohol. Was ist nur geworden aus der Grande Nation. Nicht mal ein Wein. Na hallo. FRANKREICH! Das Land des leckeren Weines und der Croissants. Ist mir ja noch nie passiert.

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