Sierksdorf (2) 🇩🇪

Schleswig-Holstein

Dass wir das Meer sahen, ist nicht so lange her. Doch als hier die Option in den Raum geworfen wurde, konnte keiner so richtig nein sagen. Wir checken die Coronaregeln. Es ist nicht verboten und dennoch nicht wirklich beworben. Wir lassen es einfach geschehen. Das Auto fährt nun mal dahin, wohin es fahren möchte. Was sollen wir machen?

Die Letzten wollen wir nicht sein und auch auf der Autobahn nicht im Stau stecken bleiben. Das heißt, früh raus. Wir entscheiden uns für Sierksdorf.

Wir parken oben am Bahnhofsweg. Obwohl der Parkautomat sich schon nicht mehr im Winter wähnt, verlangt er nur den Preis für diesen. Die Wolken sind noch eng beieinander und lassen kaum einen Sonnenstrahl durch. Wir überlegen kurz weiter in den Norden zu fahren. Ich denke bei mir nur »wird schon!« Als wir die alte Allee am Seehof endend ankommen, ist dort der Strandzugang vom Hotel gesperrt worden. So tingeln wir durch die Gartensiedlung zum nächsten Abgang. Die erste Reihe hat Grundstücke bis runter zum Strand. Das ist zwar für die Inhaber schön, doch für die breite Masse? Bis die Menschheit von Meins-Meins runter ist auf unser, wird wohl noch ’ne Weile dauern.

Zum Glück sind wir so früh aufgebrochen. Es ist eine eigentümliche Stimmung am Strand. Der Tag ist am Erwachen und die Menschen sind noch nicht so weit. Auch die Sonne scheint sich erst mal die Wolken aus den Augen wischen zu wollen.

Ein sanfter Hauch von Nichts streichelt die Meeresoberfläche. Das hört sich kuschelig an, doch mir läufts eisig den Rücken herunter, sobald es mich streift. Warm ist halt einfach anders.

Wir ziehen einsam nur mit uns den Strand entlang. Strandkörbe warten vergeblich auf Beherbergung von Eltern, welche ihre buddelnden Kinder bestaunen. Ich, in dem Corona Gedanken gefangen, konnte mir nicht vorstellen, dass sich das im Laufe des Tages noch ändern wird.

Möwen, diese frühe Stille gewohnt, finden sich im Chillen von uns gestört.

Ein Schwanenpaar ist gemütlich dabei, die Köpfe ins Wasser zu stecken. Immer beide gleichzeitig. Das sieht sehr harmonisch aus. Plötzlich kommt ein weiterer Schwan mit lautem Gezeter angeflogen. Genau auf den Herren zu, nehme ich an. Wenn du so einen Brocken mit dieser Geschwindigkeit anfliegen kommen siehst, kannst du nur noch versuchen, den nächsten Runway zu nehmen. Der Neuankömmling wendet nach seiner Landung und sieht sich als Gewinner. Doch er hat die Rechnung nicht mit der Dame gemacht, welche weiterhin zu ihrem Ausgewählten steht. Nach der Starterlaubnis zögert sie nicht lange und folgt ihm. Was ist die Essenz? Nicht immer führt aggressives Verhalten zum Sieg.

Ein paar Fischer gehen immer noch ihrem Gewerk nach. Wir vermuten eher zum Zeitvertreib denn dem Erwerb des täglich Brot, oder sollte ich lieber Fisch sagen.

Immerhin bekommen wir bei einem kurzen Snack den Hinweis, dass ein Lokal geöffnet sein soll. Das ist ja mal ne gute Nachricht.

Die Wolken verziehen sich immer mehr und als wir dort am Tische sitzen, einen frisch gegrillten Dorsch auf dem Teller, gibt es kaum etwas, was uns zum Glücke fehlt. Es scheint der erste Öffnungstag nach langer Pause und du wirst fast adoptiert, wenn du das Lokal betrittst. Uns ist es recht. So sitzen wir ungezwungen mit unserem Fisch, welcher hoffentlich gerade noch, in dem bis zum Horizont gehenden hinter uns, fröhlich schwamm. (Schon zwei Tage später überlegen sie die Lokale wieder schließen zu lassen. Was für ein Regelwahnsinn, welchen keiner mehr nachvollziehen kann.)

Wir gehen noch bis zur Seebrücke Haffkrug. Klar könnten wir noch länger verweilen, doch wir hatten uns verabredet.

Immer mehr Menschen treffen ein. Kinder buddeln, Jugendliche spielen Ball. Es ist nicht so wie sonst bei diesem Wetter, doch eine gewisse Normalität in diesen Coronazeiten vortäuschend. Wenn du genau hinsiehst und die Distanzen betrachtest, merkst du, dass jeder um den Anderen einen Bogen macht. Ist das für uns nun die neue Normalität? Wir machen es auch automatisch, ohne noch darüber nachzudenken.

Bevor wir den Abend starten oder halt zum Ausklang des Tages, stelle ich mich noch einmal dem Kletterpark. Langsam möchte ich den Schwierigkeitsgrad erhöhen. Was heißt möchten? Um nicht wie ein Warmduscher dazustehen, muss ich es wohl.

Im Garten zurück entzünden wir noch ein Feuerchen, um diesen gelungenen Tag würdig ausklingen zu lassen.

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