Wieder mal erreicht mich ein Anruf, welcher mich zu einer spontanen Reise verlockte. Schon morgen soll es losgehen. Was sollte ich einpacken? Na für die zweieinhalb Tage nicht wirklich viel. Weit geht es auch nicht. Nur gerade hoch an die Küste. Stressfrei hinzukommen gibt der Bahn den Vorzug, wenn das auch immer mehr infrage zu stellen ist. Ein paar Eigenheiten bei dem Buchungssystem möchte ich euch nicht vorenthalten. Suchst du die Strecke, kannst du mit dem Regionalverkehr fahren oder mit dem ICE. Ok, das ist nun nicht wirklich außergewöhnlich. Doch das, wenn der ICE nicht wirklich sehr gefragt, der Preis nur für ein Super-Sparpreis fällig, welcher durchaus nur die Hälfte des Tickets für den Regionalverkehr betragen kann. Dann halt ICE.
So stehe ich dann pünktlich in des Berliner Hauptbahnhofs Katakomben und der Zug fährt ein. Er kommt zum Stehen, eine Tür genau vor mir. In mir kommt ein gewisses, befriedigendes Gefühl auf. Sollte das die Geschichte gewesen sein, wärs schon schön und auch nicht weiter Erzählungspflichtig. Die Tür schon geöffnet und bereit, einer Mutter mit Kind zu helfen, wurden wir desillusioniert. Der Schaffner kommt angerannt mit den Worten »Da nicht einsteigen! Da gibts keine Luft!« Okeeee? So verteilen wir uns auf die anderen Wagen. Komme so in den Genuss eines für Platin reservierten Platzes. Ehrlich, der Unterschied ist weniger als marginal. Eigentlich gibt es nur den einen – der Reservierung an sich. In Gesundbrunnen steht der Stolz der Reichsbahn erst mal 14 Minuten rum. Fahrplanmäßig! Dann endlich hoffend auf warp Geschwindigkeit. Schon im Mühlenbeck ein unplanmäßiger Verkehrshalt ohne Bahnhofsnähe. So schleicht der ICE durchs Land. Nach der Anzeige fährt er meistens nach Neustrelitz. Also immer mal wieder und dann für längere Zeit. Steckdosen funktionieren auch nicht. Irgendwie habe ich das Gefühl, die Reichsbahn fährt nur noch bergab. Ich bin schon froh, dass die diesen Zug überhaupt noch aufs Gleis gebracht haben. So viel später sind wir gar nicht angekommen. Ich lese auf der Anzeige »Sie haben ihr Sparziel erreicht«. Wen meinen sie mit •Sie•? Die Reichsbahnvorstände? Könnte sein.
Warnemünde ist von Menschenmassen eingenommen. Am alten Strom ein Fischbrötchenverkäufer nach dem anderen. Mit Nichten stammt auch nur eines dieser Stücke frisch gefangen aus hiesigen Gewässern. Gefriertüte um Gefriertüte wird aufgerissen und ins heiße Öl geschmissen. Mein Fazit – lediglich Sättigungsbeilage – jeglichen Genuss vermissend.
Im Orte an sich ist der Weg vom Bahnhof zum Strand, auch ein paar angrenzende Nebenstraßen, Fußgängerzone. Ein bissel Abseits vom Hauptstrom kann man die alten Häuser genießen. Ob sie allerdings genutzt werden, wofür sie ursprünglich gebaut, einer Familie Obdach und Heim zu geben, wage ich größtenteils zu bezweifeln.
Am Strand die invasive Vermehrung an Strandkörben. Strandsandblick nur möglich mit Blick nach unten.
Ein dicker Teppich aus Algen erschweret den Zugang und den Genuss des Meeres.
Nur kurz zum Leuchtturm auf der Mole – muss ich immer, wenn ich hier bin.
Schaufelraddampfer vermute ich eher in einem Bayou. Doch um der Touristen Willen, wird so einiges Orts-untypisches geboten werden müssen.
Weiter geht unser Ausflug Richtung Rügen. Die Sonne versteckt sich schon, als wir über den Rügendamm fahren.
Einer der Familie, die wir schon lange durch frühkindliche Aufenthalte in der Gegend kennen, hat heute Geburtstag. Wir beschließen, zum Grillen zu segeln. Ich gesteh, dass ich nicht oft zu einer Gartenparty gesegelt bin und auch eher diese Art von Hinkommen der Grund war, hier herzureisen. Zum Bootsanleger zu kommen, ist gar nicht so einfach. Im Prinzip schon, doch der Fahrräder nur Zwei und der Busse selten. Angekommen in Ralswiek, begrüßt uns Regen. Das Boot ist schnell startklar. Schon geht es los. Ich möchte nicht verheimlichen, dass ich mir das schon ein wenig anders vorstellte.
Noch ein Blick auf das Schloss und die Bühne für die Störtebeker Festspiele.
Es geht über den großen Jasmunder Bodden. Sonne wäre schon schön. Ich bin nicht genug Seemann, um jedes Wetter toll zu finden. Wenn ich darüber nachdenke, kann es auch sein, dass einem Seemann das Wetter egal sei, mir allerdings nicht.
Wie meistens, wenn ich auf einem Boot, häng ich irgendwie am Bug.
Nach 2.5 Stunden kommen wir Breege immer näher. Von hier geht es zu Fuß zur Party.
In Juliusruh, natürlich einen Abstecher an den Strand meiner Kindheit.
Es ist so, wie ich es kenne. Kaum Leute unterwegs. Ja gut – das Wetter.
Auch der Seetang ist reichhaltiger geworden.
Um noch die kleine Chance zu haben, in Ralswiek den letzten Bus um 21 Uhr zu erreichen, müssen wir aufbrechen. Noch nicht wissend, welch Glück wir dadurch haben werden, werden wir das kurze Stück zum Hafen gefahren.
Dort als gleich die Segel gesetzt und los. Die Sonne scheint freundlich über den Jasmunder Bodden. Seitlich schieben sich dunkle Wolken heran. Wir hoffen, dass sie neben uns vorüberziehen.
Das tun sie fast. Doch welch ein Unwetter tobt nun über dem Hafen? Des einen Leid, des anderen Freud. Stärkerer Wind kommt auf und bringt uns rechtzeitig nach Ralswiek.
Zurück von diesem kleinen Wochenendausflug mit einem der frühesten ICE. Die Sitzplatzbelegung ist beruhigend überschaubar. Das wird eine angenehme Fahrt. Kaum die erste Schwelle genommen, möchte uns der Zugbegleiter  (begleitet der jetzt den Zug, was bei dessen maroden Zustand durchaus empfehlenswert, oder uns auf der Zugfahrt?) – an einer Information teilhaben lassen. »Werte Reisende, eine kleine Bemerkung zu unserem Speisewagen. Aufgrund einer technischen Störung können wir heute keine warmen Getränke anbieten. Auch mit dem Speiseangebot sieht es eher mau aus. Wenn sie eine Cola wollen, dann sind wir gerne für sie da« Für mich egal! Ganz verstehe ich allerdings nicht, warum die einen ICE hier lang jagen, welcher an jeder Milchkanne anhält. Widerspricht das nicht dem eigentlichen Gedanken? Ok – wenn ich an solch einer Milchkanne wohnen würde …
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