Kalksteinbruch Rüdersdorf 🇩🇪

Von Berlin-Rahnsdorf fährt eine alte Straßenbahn zur Woltersdorfer Schleuse. Ein alter, noch in den Anfängen der DDR gebauter Straßenbahnwagen tut hier noch immer seinen Dienst.

Leicht fühlt man sich zurückversetzt in frühere Tage, wenn nicht jemand eine LED-Anzeigentafel mit den nächsten Stationen angebracht hätte.

Auch liegen die allseits bekannten Denkmäler für die gefallenen, uns befreienden sowjetischen Rotarmisten am Gleisbett. Heut würde der Haupt-Ernst-Thälmann-Platz gewiss nicht so heißen und auch anders gestaltet sein. Ein Glück, dass dem Orte, genau wie schon immer, das Geld fehlt, um sich umzugestalten.

An der Woltersdorfer Schleuse ist Endstation. Von hier aus geht es zu Fuß weiter, dem Ufer des Kalksees folgend.

Erste Blicke auf den Kalksteinbruch. Seit 800 Jahren wird hier Kalkstein abgebaut. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass heute nur noch ein großes Loch zu sehen ist.

Der tiefste Punkt des Loches ist ca. 50 Meter unter dem Meeresspiegel. Dazu muss ich sicher nicht erwähnen, dass die Berliner Landschaft im statistischen Mittel nur knapp über normal Null ist und somit nur 50m dazu zu addieren sind, wenn man die Flankenhöhe haben möchte.

Ich erinnere mich sofort an meine Versuch an des Ostsees Strand, sich nach Australien durchzugraben.

Der Museumspark.

Kurz nach dem Eingang stehen die Rumfordöfen welche noch bis 1875 in Betrieb waren. Den Namen verdanken sie dem Konstrukteur dieser Art von Anlagen. Rum wurde nicht verwendet. Nicht mal zum Befeuchten ausgetrockneter Kehlen. Dafür gab es Dünnbier. Der gebrochene Kalk wird in diesen hohen Ofen verfrachtet. Nun ein schönes Feuerchen unter dem Ganzen. CO₂ wird abgespalten. Unten wird ständig der fertig gebrannte Kalk aus dem Ofen befördert, während oben immer neuer eingebracht wird. Einmal angefeuert läuft das so durch, nur getrieben von des Mannes Kraft. Lediglich der sonntägliche Besuch beim Herren war ein akzeptierter Grund für eine Pause.

Hier holt nun der Arbeiter den fertig gebrannten Kalk aus dem Ofen. Dieser ist noch ca. 300°C warm. Bloß nichts auf die Füße bekommen! Damals war der Shabby Chic nicht wirklich schick, wurde allenthalben der Kalamität schuldend getragen. Ihr könnt euch also die Kleidung eher als eine Ansammlung von Rissen vorstellen. Der ungelöschte Kalkstaub vernebelt die Sicht und dringt in die kleinsten Ritzen der Kleidung ein. Dort mit des Schweißes Nässe vermischt beginnt seine erneute Umwandlung unter Abätzen der Oberhaut. Angenehm klingt anders.

Das ist eines der Feuerlöcher. Die des Waldes Dichtheit schon beraubte Umgebung bot nicht genug Brennmaterial. Genommen wurden Torfziegel, welche nicht so viel Brennwert haben, aber die Energie gleichmäßig abgeben.

Rund um den Ofen wohnte ursprünglich der Kalkbrennmeister. Dieser, unbefraut!, hatte 24h Rufbereitschaft. Mangels Smartphone musste er auf Rufes Reichweite bleiben. Wer nur hat in seines Küches Raume gekochet? Dem Fehlen von geeigneten Messgeräten gerecht werdend, musste er nur durch Beobachten und fühlen – ob er seinen Finger da reingehalten hat – die ordnungsgemäße Brennung des Kalksteins überwachen.

Zu soz. Zeiten wohnten auch Familien in diesem Haus. Sicher sehr ungemütlich, denn ohne des Ofens Wärme ist es im Winter sicher eisig kalt.

Um den gebrannte Kalk aus dem Ofen abtransportieren zu können, wurden zwei Kanäle gebuddelt.

Der Ältere dieser ist heute das Vereinsquartier von einem Bergarbeiterverein. Geduldig und etwas zu auskunftsfreudig erzählen sie selbst dem Bildungsunaffinsten die Funktionen der Bergbaumaschinen und deren Arbeitsweise, anfangend bei den Grimes Graves.

Die abgestellten Ehegattinnen, welche lediglich die Anzahl der im Stollen Verschwindenden mit den Wiederaustretenden vergleichen sollen, waren über die sonntägliche Beschäftigung ihres Ehegatten etwas minder begeistert.  Was tut Frau nicht alles, damit Mann nicht unbefraut ist. Ja, ohne sie wäre alles weniger als halb so schön. So machten wir ein paar kleine Scherze, damit es sich Frau nicht anders überlegt und gegebenenfalls lieber unbemannt wär.

D Lüt habens scho a glunge Sprachweis

Vorbei an der Baumaschinenausstellung. Schöner fand ich die Blüte der Bäume.

Nun inmitten eines Rapsfeldes stehen die ersten Türme der Schachtofenanlage.

Das ist die in wilhelminischen Zeiten angefangene und durch die Arbeiter und Bauern der DDR vollendete Branntkalkherstellungsanlage. Durch die neben dem Kalk verlaufenden Brandschächte und die serielle Schaltung der Öfen bekam man erstens sauberen Kalk und zweitens eine Steigerung von 1000%.

Ja, das hat dann auch Hennecke und seine Aktivisten erfreut. Nicht zu vergessen olle Erich, der das Meiste von dem Zeugs in den Baumärkten im freien Teil der Stadt verhökerte.

Zurück geht’s mit der Schöneicher-Rüdersdorfer Straßenschmalspurbahn welche alle 20 Minuten mit der schönen glücksbringenden Nummer 88 verkehrt. Wieder ist das Modell nicht das Neueste. Ich finde es gut. Warum ein funktionierendes System wegschmeißen, nur weil es keine Updates mehr gibt? Die Tarifgestaltung wiederum erfordert ein DinA3 Blatt. Für jede Altersgruppe gibt es einen extra Fahrschein und auch noch von wo nach wo du fährst. Zusätzlich kannst du aber auch, wenn du einen Berliner Fahrausweis dein Eigen nennst, Zone C dazu buchen.

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