Israel 🇮🇱

schon lange her

Im Jahre 2016 sitze ich mal wieder am Flughafen rum und überlege, wie ich mir die Zeit vertreibe. Gerade wurde ich an meine Israelreise erinnert, die schon 20 Jahre zurückliegt. So beginne ich aufzuschreiben, was sich damals zugetragen hat. Mal sehen, ob ich dazu noch ein paar Bilder finde.

1994 eine schnell gemachte Äußerung

Mein Kumpel S sollte ein Referat im Zuge seines Biostudiums über die Wüste Negev schreiben. Ich sagte so zu ihm: »Hey, das ist einfach. Wüste, da ist nix Ja weit gefehlt, ließ ich mich belehren. Ich gebe mal nun nicht alles wieder, was da so in der Wüste fleucht und kreucht. Es lebt da schon das eine oder andere Tier. Meine Frage, was davon nun in der besagten Wüste zu Hause ist, konnte er nicht in seiner sonst so akribischen Art benennen. Ja, dann lass uns mal da hinfliegen und schauen, was da so durch den heißen Sand geht, haute ich raus. Er war sofort dabei. Oh je.

Wir gehen in ein Reisebüro und stellen unser Anliegen dar. Sie haben Pauschalreisen nach Eilat. Pauschalreisen, wenn ich das schon höre. Ja, gibt es denn nicht irgendwie die Möglichkeit, ein wenig rumzureisen? Sie werde sich erkundigen. Etwas desillusioniert gehen wir aus dem Laden. Eine Woche später der nächste Versuch. Wenn die nichts zustande bekommt, buchen wir halt nur den Flug. Sie bot uns Voucher für Kibbuze und den Flug an. Dazu noch einen Mietwagen. Hört sich doch nicht schlecht an. Wie ist das so im Kibbuz? »Na ja, die haben für Touristen ein extra Haus. Ihr müsst nicht mit aufs Feld, um was zu essen zu bekommen. Ihr müsst euch aber rechtzeitig selber um die Reservierung kümmern.« Wir schlagen ein. Da unser Flug relativ spät ankommt, möchten wir die Unterkunft für die erste Nacht in der Nähe von Jerusalem fest reservieren. »Ok alles kein Problem

Der Start

Wir bewaffnet (das Wort hier zu benutzen ist äußerst fragwürdig) mit einem Haufen Kibbuz-Vouchers, dem Flugticket, der Mietwagenreservierung und ein paar Wechselsachen nach Schönefeld. Uns wurde gesagt, mindestens drei Stunden früher am Flughafen zu sein. Sehr ungewöhnlich. Wir haben den Tag sowieso frei, also lieber sicher als zu spät. Sie haben für den Flug ein extra Terminal. Kein anderer Flug geht von hier. Du musst also wieder raus und ein paar Schritte weiter wieder rein. Menschen über Menschen für nur einen Flug. Kaum im Gebäude, werden wir gefragt, wo wir hin wollen. Ich sag: »Nach Tel Aviv Sofort kommt noch eine weitere Angestellte und wir werden einzeln weggeleitet. Ich bin total irritiert. Jetzt beginnt die große Fragerunde. »In welchem Hotel wohnt ihr?« Ich sag, dass ich es noch nicht weiß und zaubere damit einen ungläubigen Blick in ihr Gesicht. »Ihr wisst es noch nicht? « Ich: »Nein wir bleiben da, wo es schön ist.« Damit habe ich etwas ausgelöst. Sie fragt mich, wie um Gottes Willen ich auf so eine Idee gekommen bin. Ich erkläre, unsere sonstigen Reisen verlaufen immer nach dem Schema. »Ihr hab keine Idee, was ihr ansehen wollt«? Ich sag: »So ein paar Vorstellungen haben wir schon. Wir haben uns angesehen, was interessant ist und wollen mal sehen, was so auf der Strecke liegt.« »An welcher Strecke?« Oh Mann, ich merke langsam, dass ich hier höllisch aufpassen muss, was ich sage. Ich zeige ihr meine Liste, die sie genau studiert. Dann fragt sie mich ein paar Punkte davon ab, was ich da wohl besichtigen wolle. Unseren Reiseführer hat S. Ich versuche so aus der Erinnerung zu beschreiben, was da so in der Nähe ist, warum wir dahin wollen. Zwei Orte fragt sie wiederholt nach. Da ist eigentlich nichts. Das eine ist ein Berg im Nirgendwo und das andere war eine kleine Ortschaft, wo ein Markt sein soll. Ich denke mir, dass da wohl ein paar militärische Komplexe in der Nähe sind. Da wir alle annähernd interessanten Gebiete im Land und in den besetzten Gebieten aufgelistet hatten, dauert die Befragung naturgemäß sehr lange. Zwischendurch mehrmals die Frage, ob ich meine Tasche selbst gepackt hätte und sie die ganze Zeit im Auge behielt. Ob mir jemand irgendwas mit geben wolle. Ich bejahte zwei Mal und verneinte das Letztere. Nach zwei Stunden Befragung sollte ich ein wenig warten. Sie ging zu ihrer Kollegin, welche S befragte und sie stimmten unsere Aussagen ab. Dabei schauten sie uns abwechselnd an und schüttelten die Köpfe. Ich dachte schon: ´das war’s´. Irgendwie hat wohl unsere Geschichte nicht zusammengepasst. Sie kommt wieder und fragt nochmals nach der Tasche. Dann sagt sie mir, dass sie so einen Fall noch nicht hatte, es aber offensichtlich ist, dass wir genau das, was ich sagte, vorhaben. Sie kann es nicht verstehen und findet unser Vorhaben etwas gewagt für Jemanden, der das Land und die Situation nicht kennt. Ich fühlte mich schon verdächtigt als Arafats Anhänger und war nun ein wenig erleichtert. Wir haben bestanden. Nun noch die letzte Frage: »Haben sie irgendwelche Schusswaffen in der Tasche?« Ich verdutzt wie belustigt als absoluter Pazifist. »Was, hä, nee Sie in einem total selbstverständlichen Ton: »Für ihre eigene Sicherheit. Warum denn nicht? Sie müssen sie nur vor dem Flug abgeben und bekommen sie bei Ankunft wieder.« Ich steh noch immer bedeppert rum, als sie meine Tasche kontrolliert. Es ist alles OK und sie wünscht mir einen guten Flug sowie einen angenehmen Aufenthalt in Israel. Ich trotte zum Ausgang und treffe meinen Kumpel. »Was war denn das Wir gehen zum Gate und neben der Bordkartenkontrolle steht eine große Kiste voll mit allen möglichen Waffen. Mir kommen langsam Zweifel. Eigentlich habe ich von einer relativ ruhigen Zeit mit vielen Verhandlungen und Fortschritten im Nahen Osten gehört. Hier stellt sich das aber ganz anders dar. Das Boarden beginnt. Wir gehen die Leiter runter direkt auf das Rollfeld. Rechts und links säumen schwer Bewaffnete unseren Weg. Selbst beim Starten fahren rechts und links Jeeps mit Bewaffneten neben dem Flugzeug her, bis die Geschwindigkeit sie zurückfallen lässt. Resümierend waren drei Stunden mehr als knapp! Pauschaltouristen haben es in 20 Minuten geschafft.
Der Flug an sich, unspektakulär.

Erstkontakt

Wir holen unseren Mietwagen und fahren los Richtung Jerusalem. Irgendwann wird ja der Ort kommen, in dem wir heute nächtigen. Ortseingang Jerusalem. Irgendwas ist hier falsch. Wo ist unser Quartier? Wir müssen erst mal unsere rudimentäre Karte raus holen und nachschauen. Nach längerem Suchen finden wir den Ort in der Karte. Wir sind total falsch. Wir hätten Richtung Haifa fahren sollen. Na toll. Es fängt ja gut an. Klar ist dieses Land nicht besonders groß und so ist alles in der Nähe von Jerusalem. Das hatten wir aber nicht erwartet. Wir drehen um und fahren im Dunkeln durch ein uns unbekanntes Land. Tatsächlich finden wir unseren Kibbuz. Im Hintergrund höre ich das Meer rauschen. Es ist noch eine Angestellte da, die uns schon sehnsüchtig erwartet. Sie gibt uns den Schlüssel und zeigt in die Richtung, die wir einschlagen müssen. Nimmt den Voucher und verschwindet. Wir inspizieren das Zimmer. Alles schick. Ein kleines Hüngerchen hätt ich ja schon. Hier ist absolut nichts ,was diesen beseitigen könnte. Wir irren im Gelände umher, bis wir jemanden treffen und fragen können. In der Rezeption stehe ein Automat. Das ist alles, wo ihr was bekommen könnt. Er organisiert jemanden, der diese nochmals aufschließt und uns so den Weg zu etwas Nahrung und was zu Trinken ebnet. Eine Cola und ein Schokoriegel. Ja, weniger ist mehr. Egal es ist besser als nichts.

Nahsholim   נחשולים

Am Morgen wird erst mal das Gelände erkundet.

Israle

Total schön gelegen. Direkt am Meer. Frühstück gibt es auch. Na endlich. Ich trinke einen Liter frisch gepressten Orangensaft. Wir stellen erst mal unseren Plan um, wenn man das einfach drauf losfahren so nennen kann. Erst mal nach Haifa. Auf dem Wege sind noch ein paar kleine Berge. Mount Carmel. Unser Mietwagen ist nagelneu und hat kaum etwas von irgendeinem Land gesehen. Wir fahren den Berg an und plötzlich geht die Straße steil runter. Der Asphalt endet und weiter geht es auf einer Buckelpiste. Diese wird immer dünner bis sie mehr wie ein Wildwechselpfad aussieht. Ich stoppe.

Israle

Der Weg geht seitlich am Berg weiter. Also total schräg. Das ist allenfalls etwas für Bergziegen mit längeren Beinen auf der einen Seite. Wir schauen uns an. Die eigentliche Straße geht hinter dem Berg in Sichtweite weiter. Also los. Ich habe die ganze Zeit Angst, dass der Wagen umfällt und den Berg hinunterkullert. Wir schaffen es ohne größere Blessuren. Gleich hinter dem Berg geht die Straße wunderbar weiter und uns ist irgendwie nicht klar, was das eigentlich sollte. Auch der Grund, der uns zu diesem Ausflug anregte, ist genauso verschleiert geblieben.

Haifa     חיפה

Die Stadt ist nicht gerade klein und schön an einer Bucht gelegen. Da das Land hier relativ steil abfällt kann man von fast jedem Ort das Meer sehen.

IsraleWir streifen ein wenig umher. Was meine Aufmerksamkeit am meisten fesselt, sind die Läden von den Palästinensern. Ich glaub jedenfalls, dass das welche sind. Es sind oft Schläuche, deren hinteres Ende du nicht mal erahnen kannst. Ein Tischler hatte alles so vollgestopft, dass nicht mal ein Gang in der Mitte frei war. Um ein Brett zu holen, klettert er einer Höhle gleich bäuchlings durch seinen Stapel, der bis zur Decke reichte. Ich wagte mir nicht vorzustellen, was passiert, wenn einer der Stützbalken ins Rollen kommt und alle seine Bretterpracht über ihm zusammenbricht. In dieser Stadt gibt es auch die einzige U-Bahn im Lande. Sie hat nur drei Stationen und sieht eher wie eine Drahtseilbahn aus. Keiner fährt damit aufgrund des für hiesige Verhältnisse hohen Preises. Wir unternehmen eine tolle Fahrt und die Angestellten freuen sich über die Abwechslung.

Akko     עכו

Diese Stadt liegt auch direkt am Mittelmeer. Auffallend ist die große Festung. Wir klettern da ein wenig herum und bewundern die Aussicht.

Israle

Ein alter Mann spricht uns an und erklärt uns ein wenig von der Geschichte der Stadt. Sie wurde wohl von portugiesischen Kreuzrittern gehalten, nachdem schon die Ägypter und Phönizier seit dem  Pleistozän hier rumlungerten und somit gab es einige nicht rühmenswerte Meinungsverschiedenheiten. Wir gingen weiter und der alte Mann kommt mit. Ich denke mir gar nichts dabei. Er hat wohl Langeweile.

Israle

Hier gibt es auch eine schöne Moschee. Wir wissen nicht wie wir damit umgehen sollen. Der alte Mann sagt, dass wir ruhig eintreten können in seiner Begleitung, wenn wir ein paar Regeln befolgen. Wir besichtigen das Ganze. Von hier aus geht ein unterirdischer Gang, der als Wasserreservoir benutzt wird. Eigentlich ist es wohl eher so etwas wie eine unterirdische Stadt. Wir wandern kurz hindurch. Danach gehen wir noch ein wenig durch die Stadt, immer begleitet von dem alten Mann. Es erscheint mir langsam merkwürdig. Am Ende kommt raus, dass er gerne ein Entgelt für seine Führung hätte. Wir vermitteln ihm, dass es ja sehr nett sei mit seiner Führung, aber ein Preis doch nach abendländischer Tradition im Voraus auszuhandeln sei. Er stimmte dem widerwillig zu. Ich erklärte ihm, das Deutsche sich nicht wohlfühlen damit, und wenn es sich rumsprechen sollte, seine Verdienstquelle versiegen wird wie einst das Wasser bei der großen Dürre. Wir geben ihm dann doch etwas. Nehmen uns gleichzeitig vor, demnächst vorsichtiger zu sein. Ist schon blöd. Eigentlich sollte man doch aufgeschlossen durch ein neues Land ziehen. Von Akko geht es an der Grenze zum Libanon entlang. Ab und zu stehen Tramper an der Straße. Prinzipiell kann ich die Leute ja verstehen. Der Nahverkehr in einigen Gegenden der Welt ist eher rudimentär, und wenn du jemand mitnimmst, bekommst du so ein wenig Einblick in die Kultur oder nützliche Informationen über die Gegend. Hier stehen sie aber voll bewaffnet an der Straße. Das heißt ein Jeder schulterte mindestens ein Maschinengewehr. Das ist mir dann doch etwas zu viel und ich fahre lieber weiter. Obwohl wir an der Grenze lang schlidderten, war vom Libanon nichts zu sehen. Ja wir sahen das eigentliche Land. Oder mehr gesagt Erde, die durch vielfaches Überfahren mit Kettenfahrzeugen einen munitionsplatzähnlichen Charakter hat. Die Grenze für die Bewohner, also die Libanesen, ist viel weiter im Land und wird von den Israelis kontrolliert. Wir kommen immer nördlicher und immer höher.

Israle

Ein grandioser Ausblick über die Hula Ebene sowie die Golanhöhen gegenüber bietet sich uns an. Nun geht es wieder bergab. Unser Ziel: die Jordanquellen.

Ha-Goshrim

Unser Kibbuz ist kreisrund eingezäunt. Wir werden erst mal komisch betrachtet, eingelassen und regeln das mit der Übernachtung. Sie sagen uns, dass sie es eigentlich gewohnt seien, am Tage vorher angefragt zu werden. OK. Das nächste Mal. Wir beziehen unser Zimmer. Lebensmittel sind, wie schon die Tage vorher, wahnwitzig teuer. Wir haben noch keine wirkliche Lösung für das Problem. Im Laden wollte ich Salami kaufen. 7 Scheiben in der Packung für sieben US$. Kurz gesagt eine Scheibe für ´nen Dollar. Da kann ich mir auch gleich den Dollar aufs Brot legen. Wir kaufen wenigstens was zu trinken. Lesen kann ich nicht, was es ist, sieht aber wie Apfelsaft aus und ist einigermaßen bezahlbar. Total süßes Pullerwasser, welchen Nebengeschmacks auch immer.

Nächster Morgen. Erst mal zum Frühstück. Ich habe einen Mords-Hunger. Ist eigentlich Ramadan? Ich schaue raus. Wo könnte denn der Frühstücksraum sein. Wer sich jetzt fragt, warum ich darüber schreibe, wird es noch erfahren. Wir folgen einfach dem morgendlichen Track. Der Frühstückssaal ist sehr rudimentär eingerichtet. Lange Tafeln aus quellenden Sprelacart-Tischen verdecken die brüchigen Fliesen. Hinten quer steht ein Edelstahl Buffet. Sieht wie eine Großküche aus. Was soll´s. Wir haben es zwar nicht exakt so erwartet, aber so ein wenig wussten wir, auf was wir uns einlassen. So schlendern wir siegesgewiss der baldigen Mahlzeit zum Buffet. Na ja. Brot und irgendwas zwischen Quark und Jogurt. Das ist alles. Na denn. Ich hau mir das auf den Teller und drehe mich um. Alle die da sitzen schauen uns an. Schnell schauen sie weg. Was hab ich den nun schon wieder gemacht? Wir gehen lächelnd an den Tisch und fangen an unser Mahl zu essen. Meine Stimmung steigt. Wir erzählen lächelnd unsere Erlebnisse des Vortages. Langsam steigt der Geräuschpegel im Saale an. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass keiner etwas gesagt hatte. Irgendwas ist hier komisch!

Israle
Wir fahren zu einer der Quellen des Jordan. Natürlich ist hier nichts natürlich. Da kommt aus dem Felsen ein wenig Wasser in einem ummauerten Graben. Sieht aber trotzdem irgendwie nett aus. Auch scheint es friedlich bis wir wieder bemerken, dass einige der hier Rumlungernden uns erspähten. Wir holen unseren Reiseführer raus und einer von uns macht auf Reiseführer. Die Leute grüßen wir nur kurz und tuen so als ob wir kein englisch sprechen. Also wir gehen einfach weiter und ignorieren, was sie sagen. Nach kurzer Zeit sind wir Pseudoführerfrei und können uns ohne Belästigung alles ansehen.

Israle
Nachfolgen besuchen wir eine weitere der Quellen.

Hoch am nördlichsten Zipfel umgeben von Feindesland, wobei ich nicht weiß, ob es eigentlich wirklich zum Land gehört, liegt der höchste Berg. Mount Hermon. Klar müssen wir da hoch, zumal er einfach mit dem Auto zu erreichen ist. Plötzlich liegt da Schnee. Grade eben noch schwitzend im Tal, wähnte ich ihn hier nicht.

Israle

Wir machen einfach ein paar Fotos, fröstelnd im Schnee und fahren wieder runter. Das Skigebiet verlangt einen Eintritt und wir sind ohne Ausrüstung. Also eine denkbar ungünstige Konstellation. Auf dem Rückweg noch haltend an einem Wasserfall.

Israle

Eventuell ist es auch eine der Jordanquellen, was ich aber heute nicht mehr weiß.

Wir donnern die Hula Ebene Richtung Süden. Plötzlich kommt uns ein Auto entgegen und in diesem Moment gehen bei diesem die aberwitzigsten Lichter an. Was ist das denn? Polizei? Wollen die was von uns oder wollen die nur schnell vorbei? Ich bremse und fahre langsam an den Straßenrand. Die Polizei hat wohl nicht erwartet, dass wir anhalten. Jedenfalls waren sie schon weit an uns vorbei und bremsen plötzlich. Dann drehen sie um. Mir ist nun mehr als mulmig. Was soll ich nun machen? In einem Land, wo jeder mit ´ner Knarre rumfuchtelt. Also Fenster auf und Hände ans Lenkrad. Sie stoppen hinter uns. Sie stehen da einfach. Keine Bewegung. So ein Mist. Was soll ich machen? Nach einer Minute reicht es mir. Gurt ab Tür auf und raus. Nichts passiert. Ich lebe noch.  Keine Reaktion bei den Polizisten. Also gut. Ich hin zu dem Wagen. Sie sitzen da drin und quatschen. Ich stehe am Fenster und sie reden auf mich ein. Alles mit einem sportlichen Lächeln. Ich verstehe gar nichts. Irgendwann verebbt der Redeschwall und sie schauen mich an. Ich schaue sie an. Schweigen. Es klickerte im Hirn. Der eine Polizist fragte: »Tourist?« Ich: »Ja.« »Deutsch?« »Ja.« Sie schauen sich an. Ich schaue sie an. »Fahren sie weiter, aber langsam«, war vermutlich der einzige Satz den er auf Deutsch konnte. »Mach ich.« Und Tschüss. Ok, ich war zu schnell. Klar, warum auch nicht. Ich winke freundlich zum Abschied. Wenigstens mal ein Gespräch mit ein paar Einheimischen gehabt.

Hula Ebene

Viel wird erzählt von dem Artenreichtum dieser Gegend. Es gibt sogar einen Park. Was ist nun in diesem?

Israle

Ein langer Steg durch Schilfwiesen und am Ende so etwas wie eine Plattform. Hier kann man Vögel beobachten. Habe ja einen angehenden Biologen an meiner Seite und so werde ich es ertragen. Es ist heiß. Es ist feucht. Es ist mückig. Ich sehne mich zurück auf den Berg. Wir stehen auf der Plattform und schauen ins Land. Tolles Land. Tolles Schilf. Tolles Wasser. Hast du in Brandenburg an jeder Ecke. Ist hier irgendwo ein Vogel? Ja, da hinten ist irgendwas. Die einzigen Tiere, die sich hier gut beobachten lassen, sind ein paar Schildkröten direkt vor uns. Wir brechen ab und ziehen weiter wie die Vögel im Frühjahr, im Winter, oder wann auch immer sie Lust dazu verspüren.

Kapernaum    כְפַר נָחוּם

Auch wieder so ein Ort ,der oft erwähnt wurde. Nicht unbedingt von mir. Da gab es Andere.

Israle

Liegt direkt am See Genezareth. Der See liegt nicht schlecht, und alles könnte schön sein, wenn nicht rundherum so viel Ärger wäre. De fakto ist der See geteilt. Merken tut man nichts davon. Als Erstes sehne ich mich nach der Stelle, wo der berühmteste Sohn der Welt Milch zu Butter machte. Nee, der machte irgendwas anderes dort. Egal was er machte, es war jedenfalls toll. Generationen erzählen darüber. Ist einfach ein schöner Ort. Da hätt ich auch ’ne volle Flasche zu einer leeren gemacht. Du musst dir mal vorstellen, du bist in Afghanistan und möchtest baden gehen. Da kannst du wandern und wandern durch die weite Steppe und unwirtliche Gegend und nach drei Monaten landest an dem ersten See des Weges. Genau hier! Das muss toll wie unwahrscheinlich sein. Dass du da alles Mögliche reininterpretierst, ist absolut verständlich. Ob Wasser oder Wein, ist so absolut egal. Dir kann man jetzt einfach alles servieren. Es ist wunderbar.

Golan     רמת הגולן

Zurück nehmen wir einen anderen Weg. Etwas mulmig ist mir schon. Wie oft habe ich von diesem Landstrich etwas in den Nachrichten gehört. Meistens waren dieses keine Berichte über eine Blumenshow.

IsraleWas soll ich nun schreiben von diesem Gebiet. Es ist eine relativ ebenes Plateau was plötzlich abfällt. Von der Kante kannst du halb Israel sehen. Strategisch nicht ganz unbedeutend. Brauchst ja bloß die Granate runterkullern lassen. Sonst ist hier nicht viel.

IsraleEin paar Straßen und so gut wie keine Besiedlung.

Church of the Beatitudes     כנסיית הר האושר

Ein neuer Tag beginnt. Wir gehen zur Rezeption, um auszuchecken. Die Dame leitet uns sofort in einen Saal mit in Linnen gedeckten Tischen. »Breakfast?« Wir schauen uns an. Langsam dämmerte es mir. Wir waren in der Arbeiterspeisung, weil wir nicht ahnten, dass im Kibbuz alle getrennt behandelt werden. Aufgrund der kargen Essensversorgung frühstückten wir nun nochmals. Wieder goss ich einen Liter frisch gepressten Orangensaft in meinen Körper. Das muss reichen bis morgen früh. Wir stecken noch heimlich jeder einen Apfel ein. Man weiß ja nie.

Abermals müssen wir die Hula Ebene durchqueren. Dieses Mal mit etwas weniger Tempo. Wer weiß, wie oft wir das hätten durchziehen können.

Israle

Der erste Stopp ist der Berg der Seligpreisung. Ins Heute übersetzt heißt das so viel wie: Selig seiest du, kleiner Preis. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob der Sohn der Söhne es genau in dieser Art meinte, aber der Beginn sowie das Ende ist schon mal richtig.

Maagan

Unser Quartier ist schön gelegen. Mehr oder weniger direkt am See. Es ist gar nichts von dem Kibbuz zu sehen. Die haben extra ein Haus für ihre Gäste gebaut. Den richtigen Kontakt mit den Einheimischen bekommt man so aber nicht. Mangels Frühstücksraum bekommen wir Gutscheine für einen Imbiss über die Straße. Hier sind wir nicht die einzigen Gäste. Wo auch immer diese wohnen, es gibt unterschiedliche Gutscheine, bemerken wir an der Kasse. Die vor uns tun sich auf und wir tun es ihnen gleich. Alles vorverpackte Portionen. An der Kasse gibt es dann eine sehr einseitige Diskussion, welcher ich nicht folgen kann. Irgendwas haben wir falsch gemacht. Ich heb nur kurz meine Schultern und schiebe ihm das Tablett hin. Er kann damit machen, was er will. Ich möchte nur irgendwas zum Essen. Kommunikation – nur über Körpersprache, wie meistens auf meinen Reisen. Ihm ist das jetzt auch zu blöd, irgendwas zu machen. Schaut sich kurz um und schiebt mir das Tablett wieder hin. Im Gesicht eine Ausdruck den ich mit – Je m’en bats l’œil. – interpretiere. Wir lächeln und wünschen einen schönen Tag. Die Hälfte des so gewonnenen Mahles verspeisen wir sofort. Die andere Hälfte wird eingepackt für den Rest des Tages. Noch ein Liter frisch gepresster Orangensaft und los geht’s.

Hamat-Gadar     חַמַּת גָּדֵר

Hinter der „Grenze“ sind irgendwelche warmen Quellen. Wir fahren über einen Bergrücken und kommen in ein großräumig abgesperrtes Gebiet. Nur zum Schauen, ist kein Zutritt. Das ist mir zu blöd. Ich möchte ja nichts machen hier. Wir halten Ausschau nach den Krokodilen, die hier leben sollen.

Israle

Wir sehen sie nicht. Also weiter

Mount Tabor     הר תבור

Es ist ein Berg. Ein komischer. Einfach so ein Sahnehäubchen mitten in der Ebene. Wie eine umgestülpte Puddingschüssel. Unten stehen Stretchlimousinen. Total surreales Bild. Mitten im ärmsten Nichts diese Wägen. Das muss ich mal erkunden. Die Straße auf den Gipfel ist so eng und kurvig, dass ein Bus sie nicht bewältigen könnte. Auch nicht, wenn der Gegenverkehr theoretisch ausgeschlossen wird. Alle Busreisenden sind somit auf die Limos angewiesen. Ich fahre da selber hoch! Ganz einfach ist es nicht. Mit diesen langen Karren donnern die um die Kurven, ohne Rücksicht auf Verluste. Wohin sollst du ausweichen? Nach links rein in des Felsen Härte, zu Rübezahls Reich? Nach rechts einem Murgang gleich bei ständig sinkendem Niveau? Beides nicht verlockend, mich dünkt. Auf dem Plateau hat man einen schönen Weitblick.

Israle

Beit She’an     בית שאן

In der Stadt sollen alte Ausgrabungen sein. Wir schlängeln uns durch die Stadt und kommen am Eingang an. Ein totales Gewusel. Ich weiß nicht wie es hier funktioniert. Erst mal die Tickets. Was brauchen wir? Ich sehe nicht durch bei den Preisen. Eine Gruppe Touristen kommt. Der Guide bezahlt den Eintritt und die Gruppe wackelt los. Keine Tickets werden verteilt. Ich sehe meine Chance. Stupse S an und flüstere: ´los´! Eigentlich sind wir immer korrekt. S besonders. Wir achten die Leistung, so etwas instand zu halten. So wollte er nicht einfach durchgehen. Ich nötigte ihn noch kurz und so schlossen wir uns der Gruppe an. Dadurch ging alles viel einfacher. Minimale Sicherheitskontrollen und keine Fragen.

IsraleDie Ausgrabung beeindruckte mich nicht so wahnsinnig. Haufen alte Steine. Wer sich aber dafür interessiert….

Nazareth     נָצְרַת

Zu der Stadt habe ich nur wenige Erinnerungen. Die Hauptverkehrsachse geht nicht mitten durch die Stadt, welche auf einem Hügel liegt. Für immer haften bleibt mir hingegen der Markt dieses Städtchens. In einer schmalen, ca. 1.50Meter breiten Gasse, die sich nach oben schlängelt, stehen auf der einen Seite Holztische, welche mit einem Gestänge und einem darüber gelegten Stofffetzen als Dach oder Sonnenschutz verziert sind. An diesem Gestänge hängen, gleichwohl der ausgeleierten Plane, leblose Ziegen, welche gerade zwar koscher aber genauso tot, die Reste ihres Lebenssaftes auf die besagte Gasse verbringen. Da sie dieses nicht durch ihr aktives Zutun ausüben, nehme ich an, dass sie dieses eher ungewollt vollziehen. Von Menschen ungewürdigt bahnt sich der, von der Ziege mehr als heiß geliebte Saft, einen Weg ins Tal. Gleichwohl der Ziege finden Heerscharen von Fliegen die Flüssigkeit zu verlockend, um widerstehen zu können. Somit findet dieser rote Saft doch zurück in ein lebendes Tier. Zwar nicht auf die gleiche Weise wie hinaus. Ungeklärt für mich ist nur die Frage, ob man dabei von Wiedergeburt oder Weiterleben spricht. Das Ganze war ansonsten nicht sehr appetitlich.

Wir fahren über das Land. Irgendwo hier sollen unterirdische Siedlungen sein. Das find ich erst mal spannend. Wie so etwas aussieht. Warum, und und und… Na ja, halt so.
Eine dünne Straße führt den Hügel herrunter. Sind wir hier richtig? Ein Auto kommt uns entgegen. Besser mal fragen! In gebrochenem Englisch unterhalten wir uns und legen unseren Wunsch dar. Er will uns gleich eine Eintrittskarte für alle Nationalparks verkaufen. Sie war nicht ganz billig, aber sie kostet nur doppelt so viel wie die gerade besuchte Attraktion. Etwas skeptisch kaufen wir die Karte. Somit haben wir unseren Eintritt wenigstens nachträglich entrichtet.

Sabbath

Es ist Donnerstag und morgen wird hier nicht gearbeitet. Wie organisieren wir das morgen mit unserem Quartier? Ein Anruf bringt die Lösung. ´Ich bereite alles vor und lege den Schlüssel auf den Tresen. Ihr nehmt ihn und steckt den Voucher in den Schlitz. Fertig´. Zum einen finde ich es ja gut, wenn mit den Gesetzmäßigkeiten flexibel umgegangen wird, stelle mir aber die Frage, warum sie überhaupt existieren, wenn sich keiner daran hält. Am Freitag darfst du keine Maschine bedienen. Warum ein Kühlschrank schon eine ist, wird mir verborgen bleiben. Jedenfalls wird am Kühlschrank einfach ein Bewegungsmelder angebracht, der dafür sorgt, dass dieser sich bei Annäherung selbstständig öffnet. Dein Essen darfst du schon noch rausnehmen.

Angekommen im Kibbuz sitzt eine Frau hinter dem Tresen und beschäftigt sich mit irgendwas Profanem. Wir erzählen mehr zu uns selbst, wie wir heißen und nehmen dann den Schlüssel. Stecken den Voucher in den Schlitz und schauen die Frau aus den Augenwinkeln an. Kaum eine erkennbare Reaktion deutet uns an, dass sie keinen Widerspruch einlegt.

Die Schrift

Lesen kann ich hier gar nichts. Komisch, wenn du ein Verkehrsschild mit eingeschränktem Parkverbot hast. Bei uns steht dann so etwas drunter wie: Mo bis Fr von 18:00 bis 06:00. Da die hier nun von der anderen Seite schreiben, die Zahlen aber wie wir, wird es kompliziert.

בימים שני עד שישי מ 18:00 ל 06:00

Könnte ja nun auf den ersten Blick von 6 bis 18 Uhr heißen. Tut es aber nicht!

Jerusalem   ירושלים

Der einzige Kibbuz in Jerusalem liegt mitten in der Stadt. So ein richtiger Kibbuz ist es auch nicht. Jedenfalls nicht so, wie wir uns das vorstellen. Sieht eher wie ein Hostel aus. Absolut beliebt und auch voll ausgebucht. Unsere Freude noch einen Platz für die Nacht bekommen bekommen zu haben, ist grenzenlos.

IsraleAm interessantesten ist natürlich die Altstadt. Auf einem Hügel gelegen ist sie umgeben von einer hohen Stadtmauer.

Israle

Tore in alle Himmelsrichtungen gewähren Einlass. Mehrere Viertel unterteilen die Stadt in Glaubensrichtungen.

oldcity-mapWo welches anfängt und wo es aufhört, sieht man an den Bewohnern oder am Stadtplan. Wir tingeln erst mal ein wenig abseits der Hauptroute. Ein paar Mal werden wir von Rumlungernden angesprochen. Augenscheinlich wollen sie uns führen. Das Gespräch wird eingeleitet mit der Frage wo wir herkommen. Bis dahin ist alles Gut und sie sind begeistert über unsere Herkunft. Als sich dann langsam herausstellt, dass wir an ihren Diensten kein Interesse haben und sie auch sonst nicht bei ihrem Lebenswerk mit einer Spende unterstützen, werden wir Faschisten genannt. Das nervt gehörig. So versuchen wir immer mehr den Kontakt von vornherein zu vermeiden. Die Klagemauer. Muss man gesehen haben. Wir begeben uns zu dem Vorplatz. Aus der Stadt ist so etwas wie ein Hofdurchgang, der dahin führt. Ein Polizist stoppt uns und fragt wo wir hin wollen. Wir zeigen zu der sichtbaren Mauer. Als wir dann noch erklären, dass wir Deutsche seien, können wir ohne weiteres passieren.

IsraleEs sieht wie eine gewöhnliche alte Mauer aus. Viele Leute stehen vor dieser und säuseln irgendwas. Dann stecken sie kleine Zettelchen in die Ritzen. Dieses Ritual sagt mir gar nichts. Muss ich wohl später noch mal eruieren. Da ich nichts zu klagen habe, weiß ich auch nicht was ich hier soll. Links neben der Mauer ist eine kleine Pforte, worin einige Leute verschwinden. Neugierig gehe ich hin. Kurz vor dem Eintritt packt mich jemand am Arm. Erschrocken drehe ich mich um. Er deutet mir an, dass ich willkommen sei, aber dort nicht ohne Kopfbedeckung rein kann. Er gibt uns eine Kopfbedeckung und wir treten ein. Ein Kellergewölbe mit vielen uralten Schriften. Alles kannst du einfach aus dem Regal nehmen und lesen, wenn du der Schrift mächtig wärest. Sehr beeindruckend das Ganze. Weiter geht es durch die Stadt. Auf einem kleinen gepflasterten Platz ist in der Mitte eine kleine Runde – na wie soll ich es beschreiben – na so ein Gebäude mit ca 3 Metern Durchmesser und ca 3 Meter hoch. Das Dach ist zur Mitte hin gewölbt zulaufend.

IsraleDie Fenster rundherum laden zum Reinschauen ein. Ich dachte, es ist etwas wie ein Marienschrein. Ich schaue hinein und schaue ins Bodenlose. Echt. Es ist erstmal kein Grund zu sehen. Erschrocken trete ich zurück. Was ist das denn? Ich suche ein offenes Fenster. Eine Scheibe ist kaputt. Gut festhaltend stecke ich meinen Kopf hinein. Wow. Es ist eine Kirche. (Grabeskirche) Ich schaue vom höchsten Punkt in diese hinein. Du musst dir vorstellen vom obersten Punkt einer Kirche oder eines Domes herunterzuschauen. Mir wird schwindelig. Von der Höhe oder vom Anblick. Ich weiß es nicht genau. Unglaublich. Die haben es hier an den Hang gebaut, so dass oben nur die Kuppel herausschaut.

IsraleWir suchen einen Weg nach unten und betreten die Kirche. Viele Leute stehen in einer Schlange, um in eine kleine Kammer mitten in der Kirche zu kommen.

IsraleDort sind irgendwelche heiligen Reliquien. Der Raum ist sehr klein eng und niedrig und warm von den vielen Kerzen. Der totale Gegensatz zu den gerade erlebten Ausblicken. Seitlich des eigentlichen Hauptraumes geht es noch ein paar Treppen weiter runter. Da kommt ein wenig schmuckloser Raum.

IsraleWenn du dir die Komplexität dieser Kirche anschaust, sieht sie aus wie die Welt in klein. Ich meine nicht die Form, sondern die Frage nach dem Besitz. Was gehört wem und wer darf was und vor allem wo. Die Kirche teilen sich sechs christliche Richtungen und den einzigen Schüssel zu Kirche hat eine moslemische Familie. Jeder Gegenstand und jeder Qadratmeter gehört jemand anderem. Ich glaub, mehr brauche ich nicht zu sagen.

Wir gehen weiter durch die Stadt. Eine schmale Gasse vollgestopft mit kleinen Läden verläuft parallel des Plateaus des Tempelberges. Überall offerieren windige Händler ihre Waren. Es ist kaum möglich, ein zwei Schritte unbehelligt zu gehen. Das Gedränge ist gewaltig. Die Sonne nicht zu sehen. So interessant, weil fremdartig, es auch ist, die unterschiedlichsten Gerüche wahrzunehmen und Waren zu betrachten, lange halte ich es hier nicht aus. In eine dunkle Nebengasse traue ich mich auch nicht. Wenn du hier verschwindest, wird kein Hahn nach dir krähen. Wir müssen wohl oder übel die Gasse weiter. Rechts geht eine kleine Treppe herauf und an ihrem Ende ist eine kleine Pforte offen, bewacht von einem Polizisten. Dieses erscheint mir ein Ort, wo ich mal kurz verschnaufen kann. Wir gehen hoch, um zu sehen was da ist. Es ist ein Eingang zum Tempelberg. (הר הבית ) Wir fragen, ob es erlaubt sei, einzutreten. Der Polizist hält uns an, noch 5 Minuten zu warten bis die Predigt vorbei sei, dann können wir gerne rein.

IsraleWir stehen so da und warten. Um nicht irgendeine religiöse Vorschrift zu missachten fragen wir nach, wie wir uns verhalten sollen. Die Sache mit der Kopfbedeckung kennen wir schon. In die Moschee dürfen wir nicht. Ansonsten sollen wir alle mit Respekt behandeln, keine Predigten abhalten und dann wird uns nichts passieren. Wir gehen erst mal zum Felsendom.

IsraleDieser ist frisch mir Gold gedeckt und glänzt friedlich im blauen Himmel. Innen in der Mitte ist ein geländertes Loch, wo der namengebende Felsen untergebracht ist. Ohne geschichtlichen Hintergrund sieht es nicht aufregend aus. Und doch fühle ich mich sehr angetan, hier zu sein. Auf dem Platze laufen einige Leute herum. Die unterschiedlichen Glaubensrichtungen sind an der Kleidung zu erkennen. Uns fällt auf, dass sie sich alle aus dem Wege gehen. Das ganze Gebiet ist so etwas wie eine Nichtangriffszone. Friedliche Koexistenz sieht anders aus. So toll es ist hier zu sein, glücklich ist hier keiner und ich werde es wohl auch nicht werden. Wir gehen in Richtung der Moschee. (المسجد الأقصى)Vor ihr sitzen ein paar alte Männer, welche wir grüßen und fragen, ob es erlaubt sei vom Eingang einen Blick hinein zu werfen. »Zieht eure Schuhe aus und folgt mir wortlos« war die Antwort. Wir tun wie geheißen, und betreten die Moschee. Diese ist bis auf kleine Bereiche an der Seite mit Teppichen ausgelegt. Gläubige knien auf ihnen und erbeten sich Gesundheit und ausreichend Wasser für sich und ihre Angehörigen. Wir stehen an die Wand gedrängt und folgen dem Ritual. Glücklicherweise ist gerade nicht die Zeit, wo der Muezzin seine Schäfchen – oder wie nennt man sie? – zu sich gerufen hat. Zu dieser Zeit hätten wir nicht rein gedurft. Draußen erklärt der alte Mann uns noch ein wenig die Geschichte, die Sitten und was es für Spannungen an diesem Ort gibt. Die Deutschen nennt er gute Leute, – mir wird später klar, wie er es vermeintlich meinte – und wünscht uns einen schönen Tag, ohne Bakschisch einzufordern.

Wieder im Gewühl der Stadt, wollen wir die Via Dolorosa ablaufen. Wir beginnen in der Geißelungskapelle. Vor Ort studieren wir erst mal, was hier gelaufen ist. Ein Mann neben uns fängt an zu reden. Er beschreibt in gebrochenem Englisch den Hintergrund. Wir nicken kurz. Er fragt, ob er ein Foto mit uns Beiden machen soll.

IsraleWir stimmen zu und verlassen die Kapelle. Er immer noch an unserer Seite. Er fragt uns was wir vorhaben und wir erklären kurz unseren Plan. Er bleibt an unserer Seite. Unsere Geißel? Wo sonst könnte man sich so was einfangen? Ab und zu erläutert er etwas, ohne dass wir dem größere Beachtung schenken. Ab und zu sagt er, dass wir in seiner Nähe sicher sind und zeigt seine Muskeln. Mir wird langsam etwas mulmig. Was soll das Ganze? Unsere Beteuerung, dass wir seine Dienste nicht benötigen ,ignoriert er geflissentlich. An jedem wichtigen Punkt des Leidensweges erklärt er etwas und ich vermute, dass der unsrige erst beginnen wird, wenn wir ihn wieder loswerden wollen. Im Verborgenen besprechen wir kurz unsere Optionen. In diesen Gassen, wo er so viele Leute kennt, können wir es nicht wagen, ihn offen wegzuschicken. Das Risiko, dem Schicksal zu folgen, dessen Weg wir gerade beschreiten, scheint uns zu hoch. Wir beugen uns langsam unserem Missgeschick. An der letzten Station, einer Kirche, beschließen wir , den Turm zu besteigen. Unser Schatten hat offensichtlich keine Lust dazu. Oben angekommen genießen wir den Blick über die Stadt und beratschlagen. Nach 10 Minuten kommt unsere Begleitung keuchend die Treppen hoch. Jetzt machen wir ihm deutlich, dass wir seine Dienste nicht geordert hätten und fragen was es eigentlich soll. Er beharrt darauf, uns etwas gezeigt zu haben und somit unser Führer sei, welcher demzufolge auch zu entlohnen ist. Sein Preis ist einfach überzogen. Ich deute ihm an, dass ich das anders sehe und der Preis für einen offiziellen Führer ein Zehntel von dem sei, was er hier einfordert. Wir sprechen uns kurz ab und halten ihm etwas mehr als die Hälfte des offiziellen Honorars hin und drücken mit unseren Körpern aus, dass es nicht mehr geben wird. Er meckert auf Hebräisch rum und wettert noch ein wenig. Dann greift er zu und macht sich auf den Abstieg. Nach kurzer Zeit folgen wir ihm, schauen uns unten kurz um und machen, dass wir wegkommen, bevor er noch auf dumme Ideen kommt. Mulmig war uns die ganze Zeit, und wir sind froh unser Auto unbeschadet erreicht zu haben.

Bethlehem     בית לחם

Am Nachmittag fahren wir Richtung Bethlehem. Es ist nicht weit und wir denken uns nichts dabei. Die Sonne ist plötzlich weg und genauso plötzlich ist es stock dunkel. Keine noch so kleine Straßenlaterne erhellt die Gegend. Das Einzige was permanent leuchtet, ist die Tankanzeige. Bei der nächsten Tankstelle tanken wir. Unbedingt! Der Zeiger ist 1 Millimeter über total 0. Wir fahren und alles ist zu. Keine Tankstelle. Alles verrammelt. Sollen wir umkehren? Ach nun ist es nicht mehr weit und zurück müssen wir sowieso. Ich möchte auf keinen Fall hier stehen bleiben. Die Gassen werden immer enger. Das Auto kommt fast nicht hindurch. Plötzlich öffnet sich ein Platz vor uns. Ich schaue nach vorne, kann erst mal nicht realisieren was ich dort sehe und steige auf die Bremse. Rechts neben uns ein 3 Meter hoher Zaun vor der Häuserreihe. Hinter diesem eine Hundertschaft Polizisten mit Waffen die in unsere Richtung zeigen. Alles spärlich beleuchte von zwei Straßenlaternen hinter uns. Die können eigentlich nicht uns meinen! Links neben uns sind ca. 200 total vermummt in dunkle Kleidung Verhüllte. Sch…ße! Hinter uns die Geburtskirche. Wir, offensichtlich aus Israel, erkenntlich durch unser gelbes Nummernschild, stehen mitten drin. »S mach schnell ein Foto und weg hier«, sage ich eher panisch.

IsraleEr macht ein Foto und ich gebe Gas. Zurück können wir nicht so steuern wir eine Lücke zwischen den Vermummten an und werden gleich einem Stein fallend ins Meer, von der Menge verschluckt. Die Menge lichtet sich und wir können die Häuser in dieser kleinen Gasse sehen. Sch..ße, Sche..ße, Sche..ße! Stock dunkel, keine Ahnung wo wir sind, kein Benzin und keine Prophezeiung wie das ausgeht. Irgendwas müssen wir machen um zu überleben! Wir kramen die Herz-Werbe-Anhänger aus dem Handschuhfach und drapieren sie rundherum in jede Scheibe. Wenigstens wissen sie so, dass wir Touristen sind. Noch immer kommen uns Vermummte entgegen. Wir fahren im Schneckentempo durch diese bis zum Anschlag mit Adrenalin vollgestopfte Menge. Wie lange wird der Sprit noch reichen? Hoffentlich fahren wir keinem über den Fuß. Langsam wird die entgegenkommende Menge etwas lichter. Mit 10 km/h schleichen wir durch die stockdunkle Welt raus aus der Stadt. Immer noch keine Ahnung wo uns die Straße hinbringt. Nun kaum noch Leute. Nach weiteren 5 Minuten Fahrt eine Kreuzung. Rechts nach Jericho und links nach Jerusalem. Gar nicht so verkehrt. Der Rest des Weges verlief ohne weitere Vorkommnisse. Der Tankzeiger ist 2 Millimeter unter 0, als wie in Jerusalem einfahren und eine Tankstelle sichten. Danke, Danke, Danke, meinem Schutzengel!

Jericho nur ein Versuch

Am nächsten Morgen wollen wir nach Jericho. Da wir diese Straße nun ausprobiert hatten, dachten wir, dass wir das meistern können. Am Übergang ins Westjordanland plötzlich eine Barriere. Keiner fährt weiter. Was ist das nun schon wieder? Wir fahren zum Kontrollpunkt und wollen wissen was los ist. Der Polizist lächelt uns an und fragt nur eins: »Touristen?« Wie antworten wahrheitsgemäß mit ja. Er nimmt einen Poller weg und wünscht uns gute Fahrt. Sein Grinsen verwundert mich. Wir fahren 200 Meter und sehen ein ausgebranntes Auto auf der Seite liegen. Oh Gott was ist denn hier passiert? Weitere 200 Meter weiter liegt ein israelischer Bus im Graben total ramponiert, was nicht nur durch das Abdriften von der Fahrbahn passiert sein konnte. Überall liegen Pflstersteine herum. Die Straße sieht aus wie Kottbusser Tor am 2. Mai. Wir schauen uns an und wenden. Der Polizist stand immer noch da, schaute uns entgegen mit dem Grinsen im Gesicht und dem Poller in der Hand. Als wir verstört an ihm vorbeifuhren winkte er uns nach und verschloss die Barriere. (Dieses war der Tag nach dem Hebron Massaker) Westjordanland ade.

Masada

Der See, das Meer, das Tote, liegt ja nun ziemlich tief. Logisch das da vermeintliche Berge drum herum sein müssen. Vermeintlich daher, dass auch eine Senke reichen würde. Auf der einen Seite ist wie erwähnt der Jordan und auf der andern das Judäische Gebirge.

Israle

Dort oben liegt eine alte Siedlung bzw Festung. Da der Blick von dort berauschend sein soll, wollen wir diesen Ort besuchen. Ist ja ganz einfach. Eine Seilbahn fährt hin. Diese ist so teuer, dass wir beschließen nur einen Weg zu buchen. Klaro – hoch. Oben angekommen ist die Sicht nicht so spektakulär wie wir uns das vorgestellt hatten. Alles sehr diesig. Beeindruckend ist es allenthalben.

Region – Totes Meer

Überall in dieser Gegend siehst du das Jordan Gebirge. Majestätisch wird es angestrahlt von der Sonne. Wie eine Wand zieht es sich von Nord nach Süd. „Hintern Jordan“ hat nun endlich seine Bedeutung offenbart. Kaum eine Straße geht hinüber. Zu steil wäre der Anstieg und zu wenige Lücken sind in dieser natürlichen Wand. Die Idee – ein Wenig um das Südende des Toten Meeres herum und dann mal sehen wie nah wir an das Gebirge kommen. Als Erstes kommt man durch eine sehr unwirtliche Gegend, die keinesfalls natürlichen Ursprunges ist. Sie ist die hiesige Salzfabrik. Riesige Schaufellader, mit zwei Meter großen Rädern, fahren durch eine bräunlich graue Salzlandschaft und stapeln fortlaufend die Berge um. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, das auf mein Frühstücksei zu streuen.

IsraleAuf diesem Teil des Sees welcher kaum noch Wasser hat fahren Boote auf und ab und blasen das Salzige Wasser mit Feuerlöschpistolen auf die Salzhaufen. Das Wasser verdunstet in dieser sengenden Hitze sogleich und übrig bleibt das Salz. Die Straße folgt dem Tal was hier gemächlich bis zur Küste in Eilat ansteigt. Ja wir sind noch immer 400 Meter unter dem Meeresspiegel. An einer Abzweigung fahren wir Richtung Jordanien. Weit kommen wir nicht da die Straße im Nichts endet und fahren zurück. Plötzlich stehen wir vor einem 30 Meter breiten Fluss.

Israle

Mist verfahren. Sag mal wo war den hier ein Abzweig, fragte ich. S habe auch keinen gesehen. Wir drehen wieder um und suchen die Straße, welche wir gekommen sind. Kurz und gut – es gab keinen Abzweig. Irgendwo im Lande hat es geregnet – hier schien die ganze Zeit die Sonne – und das Wasser sucht sich seinen Weg zum tiefsten Punkt. Zurück am Fluss stand dort ein LKW. Wir beschließen zu warten. Der LKW Fahrer hat die Schnauze vol. Es muss gehen meint er und fährt los. Ich denke mir, mal sehen wie weit er kommt. Ungefähr in der Mitte bleibt er bedingt durch das Geröll, mitgeführt durch die Strömung, stecken. Wasserstand: Unterkante Ladefläche. Das sieht nicht gut aus. Der Fahrer rettet sich auf das Führerhaus. Einer dieser großen Schaufellader kommt angefahren. Es wird rumdebattiert. Nach 20 Minuten ist der Fluss nur noch 15 Meter breit. Der Schaufellader fährt durch den Fluss und schiebt dabei das Geröll weg. Fährt zurück und deutet mir an den Fluss zu kreuzen. Ich will nicht. Noch immer steht in der Mitte der LKW. Na ja sie deuten mehrfach an ich solle jetzt fahren und sie werden mich gegebenenfalls rausziehen. Als Weichei wollte ich auch nicht dastehen – blöd oder – und so gab ich Gas. Das Wasser spritzte rechts und links im hohen Bogen weg. Ich gebe Gas. Das Wasser steigt über die Motorhaube. Ich gebe Gas. Das Wasser kommt über direkt weiter über die Scheibe.

IsraleDunkelbraune Brühe vor jedem Fenster. Ich sehe nichts mehr und gebe Gas. Den Schalter für den Scheibenwischer kann ich jetzt nicht finden, da ich verkrampft das Lenkrad festhalte. Das Wasser weicht langsam und ich kann wieder nach draußen sehen. Wir sind durch. Ich bremse um nicht in den Schaufellader zu brettern. Alle zeigen mit dem Daumen nach oben. Wir haben es geschafft und uns Respekt verdient.

IsraleZurück an des Sees Ufer überlegen wir mal auszuprobieren, wie das so ist mit dem Schwimmen ohne bewegen. Große Tafeln warnen davor ins Wasser zu gehen. Momentan ist kein Sanitäter da und eine falsche Bewegung kann zum verätzen der Augen führen.

Zwei verwaiste Automaten stehen am Ufer. Einer für Magnum und einer für Wasser. Das ist wirklich schwer, Prioritäten zu setzen im Falle, du musst.
Eine kleine Wanderung durch eine Grünfläche und er Tag ist vollendet.

Avdat National Park

In einer Schlucht soll ein Wasserfall sein. Ich war überrascht dieses zu lesen. Hier in diesem Land, wo Wasser nicht gerade üppig ist. Mal sehen, wir schauen uns das an. Ein ausgewaschenes Flussbett, einem Slot Kenyon gleich, führt hinunter zu dem Fall.

IsraleDie Struktur herum ist von Wasser geformt. Eindeutig. In einer kleinen Erweiterung des Weges, welcher normalerweise grade so einen menschlichen Gegenverkehr zulässt, steht eine Gruppe von Leuten. Da denkt man sich nichts dabei. Oder? Wir wollen keinen drängen, aber gerne durch. Nach 5 Minuten machen wir uns bemerkbar, ohne irgendwelche Reaktion. Sie stehen da und irgendjemand erzählt irgendwelche Psalmen und was sich Gott wohl so gedacht hat und warum, weshalb, wieso. (Deutsche Bibelreisende) Sollen sie machen. Ich frage mich, wie sie sich rausnehmen zu wissen, was der Herr sich wohl gedacht hatte. Evetuell soll die Welt einfach nur schön sein in ihrer Manigfaltigkeit. Mahl ehrlich. Die ganze Schöpfung. Auf so eine Idee muss man erst mal kommen. Diese Diversität. Ich hätte es jedenfalls nicht so super hinbekommen.

Ich bemerke dem Kreis Unwissender gegenüber, dass ich gerne ein weiteren Teil der Schöpfung alsbald ansehen möchte und nicht die Absicht habe, weiter an ihrem Bibelkreis teilzunehmen. Blose Missachtung straft mich. Sie wollen hier beten und so einen katholischen Keks verteilen. Hey, sollen sie. Was hab ich damit zu tun. Ich möchte nur meines Weges ziehen. Der der mir bestimmt worden ist. Wo ist die Toleranz für Anderstickende? Ich stehe hier schon 10 Minuten und warte! Der Wasserfall an sich war tatsächlich einer.

IsraleEs gibt Tage an denen er mehr Wasser hat und welche an denen er trocken ist. So war er auch nicht schlecht anzusehen.

Negev

Der nächste Abschnitt führt uns vom Toten Meer Richtung Süden. Die Negev. Endlich kann S sein Wissen überprüfen und wir können rausfinden ob die Wüste lebt. Der Ramon Krater ist unser Anlaufpunkt.

IsraleAm Rande steht die Nationalparkverwaltung von wo aus man einen guten Ausblick hat. Richtig eintauchen kann man von hier aus nicht. Also runter. Unten angekommen stoppe ich in einem Wadi. Das ist so ein ausgetrockneter Fluss und ich hoffe inständig, dass es jetzt nirgendwo im Lande regnet. Hier nun muss es sein! Wo ist Leben? Ein paar vereinzelte Pflanzen stehen im Geröll. Wir schreiten das Bett ab, drehen Steine um und suchen was sie so verbergen. Ein paar versteinerte Muscheln eingebettet in die Felsen. Farnartige Oxidationen von Mineralien. Sieht toll aus. Aber Leben? Nichts. Wir fahren zurück zum Observatorium. Kaum in der Halle kommt ein Ranger auf uns zu und fragt, grob ausgelegt, ob wir noch ganz dicht wären. Wir schauen erstaunt aus der Wäsche. Was meint er denn? »Ihr wart doch die die dort untern rumgekrochen sind. Das alles mit Sandalen. Dort ist unter jedem Stein ein Skorpion!« ließ er vernehmen. Ich zucke mit den Schultern. Ist doch nichts passiert. Im Stillen danke ich meinem Schutzengel. Wieder mal.

Timna Park

Weiter geht es Richtung Süden. Karge Landschaft. Einsam fährt ein Wagen die Straße entlang. Drinnen zwei Neugierige aus fernen Landen. Wir.

Israle
Kurz vor Eilat ist der nächste Nationalpark. Rechts hüpfen ein paar Strauße durchs karge Land. Ich weiß nicht ob die generelle Eintrittskarte so eine super Idee war. Wir haben eine Menge gespart gegenüber dem Einzelkauf. Leider ist ja jeder Deutsche so, dass er das was er bezahlt hat, auch nutzen muss bis zum Letzten. Sieht man oft am Buffet. Jeder tut sich einen Mords Berg auf den Teller und neidet seinen Gegenüber, der noch ein Stück mehr auf dem Teller gestapelt hat bekommen, nur um die Hälfte davon wegzuschmeißen oder alles in sich reinzustopfen um dann den Rest des Tages zu ruhen, weil der Bauch weh tut. Wir habe nun das Problem mit quasi unbeschränktem Eintritt. So wollen, müssen, können wir alle Parks besuchen. Welch ein Stress. Der Park an sich ist schön anzusehen für denjenigen der Freude an bizarren Gesteinsformationen hat.

Israle

Markant ist Eine, einem Pilz gleichende, Formation.

Eilat

Die Stadt, eine Freihandelszone, liegt an den 6 Kilometern Küste die Israel am Roten Meer hat. Auf der einen Seite liegt Jordanien mit der schönen Stadt Aqaba. Auf der anderen Seite ist die Sinai Halbinsel welche pro forma zu Ägypten gehört. Israel benutzt noch ein paar Kilometer davon um ein paar Touristen dem Meer zuzuführen. Hier also landen die ganzen Leute die eine Tour bei Neckermann gebucht haben. Hotels säumenden Strand. Der Strand an sich ist ein dünner Streifen eher grobkörnigen Sandes gefüllt mit Unmassen von Leuten. Mir wäre das zu eng. Wir schauen erst mal nach den Preisen für Essen. Hier leisten wir uns endlich mal ein warmes Mal. So ein richtiger Burger. Bezahlbar. Ja was nun? Wir haben hier kein Quartier und müssen auf jeden Fall heute noch weg hier.

IsraleIm Hafen ist der Strand eigentlich besser aber nicht wirklich für baden geöffnet. Ich springe trotzdem rein. Das Wasser ist klar und hier zu tauchen ist sicher toll.

Um nicht den gleichen Weg zurück zu nehmen probieren wir die Straße an der Grenze zum Sinai. Erst mal geht es steil bergauf.

IsraleWieder sind es bunte Felsen die die Gegend verschönern. Pflanzen sind Mangelware. Von hier oben hat man einen schönen Blick über das Ende des Roten Meeres. Weiter geht’s. Die Straße schlängelt sich durch die Landschaft und die Abwechslung hält sich in Grenzen.

IsraleEs ist schön anzusehen aber aussteigen muss man nun wirklich nicht. Wo sollte man auch hin? Hier in der totalen Hitze durch die Ebene? Nein Danke. Wir müssen unbedingt nach Be’er Sheva. Es ist der nächste Ort. Plötzlich steht ein Auto quer auf der Straße. Ja hier geht es nicht weiter. Es ist zu gefährlich. Ah ja.»Ihr müsst von hier quer übers Land und bei der nächsten Straße wieder nach links.« Glücklicherweise nicht wieder zurück. So treffen wir aber auf die Straße die wir schon für den Hinweg benutzten. Wir erreichen Be’er Scheva im Dunkeln.

Tel Maresha

Unweit des Berges, der bei dem Security Check so viele Probleme bereitete, ist ein unterirdisches Bauwerk. Unser Kibbuz ist quasi genau dort. Der Eingang zu dem Gewölbe ist absolut unspektakulär. Auf einmal stehen wir in einer hohen Halle ca 50 Meter lang und mindestens 6 Meter hoch.

IsraleAn den Seiten sind Mauern welche eigentlich am laufenden Band Nischen haben. Sieht so ein wenig wie ein sehr altertümliches Regal aus. Sehr beeindruckend dieser mysteriöse Ort. Tauben haben die Nischen als Brutstätten entdeckt und fliegen durch die Halle.
Zurück zu unserem Kibbuz. Hier ist absolut nichts mehr zu sehen. Essen können wir uns nicht leisten und so sitzen wir in unserem Häuschen rum. Die einzelnen Hütten sind in einem langen Bogen um einen Tümpel gebaut welcher Millionen von Kröten beherbergt. Diese haben gerade, bedingt durch die Jahreszeit, einen immensen Hormonüberschuss, welcher sich durch lautstarkes Quaken bemerkbar macht. Ein jeder denkt, dass er bei lauterem Quaken mehr Chancen für eine Begattung habe und so steigert sich dieses Spektakel ins unermessliche. An schlafen nicht zu denken. Irgendwann mitten in der Nacht, hat mein Körper aufgegeben und ist in einen unruhigen Schlaf gefallen. Als der erste Lichtquant einsam übers gelobte Land schoss, wurde ich von einem lauten unharmonischen wie unmelodiösen Gesang geweckt. Was zur Hö..e ist das? Als mein Hirn langsam seine Funktion hochfuhr und das Gehörte analysierte verstand ich so etwas wie: »Kommet heraus, der Herr rufet seine Jünger.« Totale Verwunderung machte sich breit. Klingt wie deutsch. Ich reiß das Fenster auf und schau hinaus. Der Guru einer deutsche Bibelreisegruppe schickte sich an seine Anhänger zu wecken. Ich fass es nicht. Ich ruf raus: »Hey denkt ihr, ihr seid alleine auf der Welt und alles dreht sich nur um euch? Ich möchte schlafen. Was schreit ihr hier so rum.« Verständnisloses Gesicht bei dem mir gegenüber. Total intolerant gegenüber anders fühlenden und gleichsam Toleranz einfordernd. Solche Leute dann noch im Namen des Herren unterwegs und Miteinander predigend. Langsam schwindet meine Tolleranz. Jeder soll nach seinem Glauben leben. Das geht aber nur, wenn man seinen, nicht den Anderen aufnötigt. Schlafen kann ich eh nicht mehr. Also raus.

Ashdod

Diese Stadt liegt ja bekanntlich am Mittelmeer. Es ist immer noch Februar. Das Wasser hat eine Temperatur von 22C. Da kommt die Ostsee nicht mal in ihren wärmsten Jahren hin. Keine Sau im Wasser. Vereinzelt laufen Einige mit Jacken den Strand entlang. Ich krempele meine Hose hoch und rein. Das ist voll angenehm. Am liebsten würde ich schwimmen gehen. Ich ziehe meine Hose aus und wate ein wenig im Wasser herum. Die Leute, welche da am Strand spazieren, zeigen auf mich und haben ein verständnislosen Ausdruck im Gesicht. Ich weiß nicht warum. Später erfahre ich, dass das Meer im Februar eisig kalt ist. Da geht man einfach nicht baden.

Unser Flug geht Morgen. Wir geben unsere Taschen schon heute bei einem -pre Check in- ab. Haben wir im Baedeker gelesen. Die Angestellten sind sehr verwundert, Ausländer zu sehen. Sie fragen uns nach dem Reisepass. Ich hatte den einen, von meinen drei mitgenommenen, schon griffbereit. S kramte in seinen Taschen und holte alle drei Reisepässe hervor. Ein kurzes Zucken mit den Augen, eine kleine Falte auf der Stirn aber es ist alles voll relaxt. Alle hier wissen, dass du mehr als einen Reisepass brauchst. Fährst du zum Beispiel rüber nach Jordanien und hast in deinem Pass ein Visa von Israel, so kommst du nicht umhin, in die Hauptstadt zu fahren und dir ein Ausreisevisum zu holen. Hast du aber einen zweiten Pass dabei wo nichts dergleichen vermerkt ist, so geht’s du einfach an die Grenze und passierst sie. Zur Ausreise nach Europa wird hingegen der Einreisestempel in deinem Pass vorausgesetzt. Verrückte Welt. Zurück beim Gepäck. Keine weiteren Fragen und wir bekommen einen Zettel. Am nächsten Tag im Flughafen zeigen wir diesen Zettel kurz hoch als sie versuchen uns in die Kilometer lange Schlange zu dirigieren. Sofort werden wir in einen – ich sage mal very short cut – geordert. Das heißt; keinerlei Kontrolle direkt zum Gate. Ich meine es wirklich so wie ich es sage. Keine Ausweiskontrolle. Keine Frage nach Schusswaffen. Kein Untersuchen des mitgeführten Rucksackes. Das kann doch auch nicht richtig sein. Egal. By by Israel.

קיצער

Israel hat sicher einiges Interessantes zu bieten. Hier gibt es nette Leute und wie überall auf der Welt welche, die es nicht sind. Die Gefahr, dass wenn sich zwei nette Menschen treffen, sie sich in diesem Moment zu zwei unnetten wandeln, ist hier überdurchschnittlich groß. Ich habe mindestens drei Kilo verloren weil ich, Judäa gleich, ständig auf der Suche nach dem Manna war. Nichts habe ich gefunden. Jeden noch so kleinen Krümel hätte ich alsbald meinem Köper zugeführt, vertrauend glaubend, dass der Herr weiter für mein täglich Wohl sorgen wird. Ich nehme an, der Herr vertraut mir weniger als ich ihm.

Fazit: Also – anschauen schon – hier leben, nein.

Zurück im Jahre 2016 – Nun ist mein Flug zu Ende und die Zeit verflog rasend schnell. Kann sein, dass ich einige Episoden vergessen habe. Im groben gibt es schon ein Bild über die Situation im Land, welche ich bis heute als sehr merkwürdig empfinde. Besser ist es sicher nicht geworden.

2 Kommentare

  1. Der letzte Satz kann ja nur eine Hypothese sein. Fast ein vierteljahrhundert ist seitdem vergangen. Muß ja ein ordentliches Abenteuer gewesen sein. Tauchfahrt mit der Yellowsubmarine ohne Absaufen mit Motorschaden, das muß erst einer nachmachen. Wird heute wohl auch nicht vom Autor mehr probiert.

    Vielleicht ist bei der Aufzeichnung die Erinnerung begradigt worden. Jedenfalls konnte ich Neujahr 2020 nicht mit einem Auto nach Bethlehem oder Ramallah fahren.

    1994 war die erste Intifada beendet, was war denn 1994 der Anlaß für die „Stromsperre“?

    • Der Anlass für die ´Verdunkelung´ waren die Nachwirkungen des Hebron Massakers. Strom war nicht abgeschaltet. Man merkte genau, wenn man über die Grenze fuhr. Nur noch vereinzelte Straßenlaternen brannten. Man sah keine beleuchteten Fenster. Entweder war das Licht aus oder die Fenster waren zugehangen. Die Stimmung wurde von einem auf den anderen Moment äußerst aufgeladen. Und ja – ich war mit dem Auto da – werde ich nie vergessen.

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