7 Bordkarten, 2 Boot Tickets
Joe: Wir sind relativ früh raus, da wir um 10 Uhr irgendwo am Bootsteg sein müssen. Also, um 8 waren wir im Frühstücksraum – wobei ich zugeben muss, wir wollten um diese Zeit eigentlich losfahren. Die Herbergsmutter, informiert über unseren frühen Aufbruch, hatte uns ein early Bird Frühstück versprochen. Dieses besteht aus zwei eingepackten Keksen und einem 0.2l Pack Orangensaft. Als wir erst nun um 8 runterkamen, der Zeit des regulären Frühstückstarts, wusste sie nicht, wie sie damit umgehen sollte. »Soll ich jetzt Toast machen? Kaffee ist aber nicht gekocht. Sie wollten doch schon weg sein!?« War komisch. Sie machte uns dann Toast, wollte aber dafür ihre Kekse wieder einsammeln und wusste nicht, wie sie es anstellen soll. Ich lass diese einfach liegen und denke, ich habe sie glücklich gemacht.
Die Sonne lacht. Wir fahren durch die morgendliche Landschaft und genießen das Farbenspiel. Zwei Drittel des Weges ist die Straße nicht befestigt. Wir liegen aber gut in der Zeit. Die Gegend scheint sehr einsam. Und immer diese anderen Farben die sehr beruhigend auf mich einwirken.
Auf Hügeln stehen Bäume, die vom Winde geprägt sind, sogenannte Windflüchter. Weite Flächen sind mit Grasland und Moosen bedeckt, durchzogen von mäanderten Flüssen.
Wir erreichen die Farm Estancia Harberton, genau in dem Moment, wo das Tor aufgeschlossen wird. Von dem Führer werden wir daran erinnert, dass jetzt ein hervorragender Zeitpunkt sei, die Toilette zu benutzen, da die nächsten eineinhalb Stunden keine Möglichkeit bestehe, sich von nicht mehr benötigten Flüssigkeiten zu trennen.
Die Bootsfahrt zur Insel dauerte 10min. Am Ufer standen eine Menge Vögel rum. Wir scheuchten einige auf. Was nicht wegflog, waren Pinguine. Im ersten Moment war der Unterschied nicht wirklich groß zu den Kormoranen, welche noch am Flüchten waren. Die Pinguine sind absolut unscheu oder wie Brasilianer. Es stört sie so gut wie gar nicht, fotografiert zu werden.
Wir hatten die Order bekommen, langsam zu gehen und nicht näher als zwei Meter an die Vögel. Den Pinguinen war das, so scheint mir, völlig wurscht. Da sind mal wieder ein paar interkulturelle Stereotype im Umlauf, die wir so großherzig erfunden haben, um uns über alles zu stellen, welche aber nicht wirklich der Realität entsprechen. Na ja, ich habe ja immer behauptet wir haben Glück bei unseren Touren, und so sollte es auch hier sein. Erstens scheint die Sonne – das ist hier absolut nicht Normalität – und zweitens sind drei von den vier auf der Insel lebenden Kaiserpinguinen vor Ort und auch noch gewillt, sich von uns von allen Seiten ablichten zu lassen.
Drei verschiedene Spezies von Pinguinen gibt es auf der Insel. Von deren Population halten sich reichlich viel an unserem Anlandungsort auf. Wirklich ein bezauberndes Erlebnis. Die Jungen haben nur noch Reste des Babyfells und sind gerade dabei anzufangen, sich selbst um ihre Nahrung zu kümmern. Sicher ist der ausschlaggebende Grund dafür der, dass die Elternvögel keine Lust mehr haben, dreimal am Tag ihr Essen wieder rauszuwürgen, nur weil der Nachwuchs es bequemer findet, als selbst mal ein wenig fischen zu gehen. Einen Monat später wird kein Pinguin mehr hier sein. Sie ziehen weiter.
Die Stunde auf der Insel kam mir wie 10 Minuten vor, dann mussten wir schon wieder runter.
Zurück auf der Farm machen wir noch eine Führung durch das Museum. Im Grunde liegen da ein Haufen Fischknochen rum, von Tieren, die irgendwo gestrandet sind, oder die die Strömung hierher verschlug. Die polare zirkulare Strömung geht einmal um die Antarktis. Wenn also so´n Fisch kurz hinter Feuerland einen Herzinfarkt bekommt, weil er seine Liebste einfach zu heiß findet, kann es sein, dass er noch einmal um die Welt reist, bis er hier wieder strandet, weil das der einzige Zipfel Land ist, der in die Strömung ragt. Toll, oder? Danach noch eine Führung über den Hof. Sind halt die ersten Siedler hier und die leben noch immer da.
Wir kamen langsam auf die Idee, etwas zu essen wäre nicht schlecht, und so fuhren wir an der Küste entlang. ? Vor einem kleinen Restaurant standen ein paar Autos herum. Wenn hier irgendwo mehr als ein Auto rumsteht, gibt es entweder was zu sehen oder das Essen ist gut. Wir also rein. In einer halben Stunde können wir wieder kommen. Das ist ja schon mal nicht schlecht. Leider kann man hier nicht mit Karte bezahlen. Die Kontrolle unserer Reserven ergab, dass wir es uns auf Heller und Pfennig genau leisten konnten. Die Köchinnen sagten schon, als sie uns zählen sahen, dass wir zur Not abwaschen müssten. Es war schon eine nette Atmosphäre. Wir warten draußen in der Sonne am Ufer des Beaglekanals. Dem Wirte fuhr ein Auto zu schnell die unbefestigte Straße lang, so schmiss er ein paar Tonnen mitten auf die Straße, um den Verkehr zu beruhigen. In dieser Gegend scheint das ganz normal zu sein. In der Kneipe (La Mesita de Almanza) gibt es einen langen Tisch mit 10 Plätzen und zwei weitere mit jeweils 4. Das ist es auch schon. Wir werden an dem langen platziert. Immer jeweils gegenüber. So kommt man schnell mit den Nachbarn ins Gespräch. Eigentlich fühlt es sich an wie ein Familientreffen. Die Speisekarte besteht aus einem Täfelchen, wo die Gerichte rauf geschrieben sind.
Wir wählten mit Käse überbackene Königskrabben. Ja, wählen kann man es nicht so richtig nennen, da wir durch unseren amount an Geld nicht wirklich flexibel waren. Dieses Gericht ist allerdings der Bestseller hier. Somit lagen wir nicht falsch. Nach Aufgeben der Bestellung machen sich die beiden Frauen daran, das Mahl zuzubereiten. Die Küche ist offen und man kann alles beobachten.
Sehr familiär. Es ist lecker und unsere Tischnachbarn nett. Mittlerweile wissen alle, dass wir unsere letzten Peseten zusammengekratzt hatten. Nach dem Mahl fragt uns die Bedienung, ob wir noch Kaffee und Kuchen oder ein Dessert wollen. Wir lehnten ab, weil wir müssen. Nein, nein, alles kein Problem – stottert sie in brüchigem englisch, sie lädt uns auf den Kaffe ein. Wir: ok! Ein Kaffee wäre nicht schlecht. Unsere Nachbarn fragen dann, warum wir denn keinen Nachtisch wollten. Hier gäbe es einen tollen Schoko-Vulkan. Wir schauen nur ein wenig komisch und schon orderten sie einen Nachtisch für uns auf ihre Kosten. Danke! Ist wirklich lecker. GG. haut dann so raus, warum wir in Ushuaia sind. Sie rufen es dann gleich durchs ganze Lokal. Na ja, dazu musste man nicht wirklich laut rufen. Alle Anwesenden klatschen und wünschen uns viel Glück. Neben uns saß eine Frau aus dem Norden Feuerlands, die fing sofort an zu weinen. Sie umarmte uns mehrmals und war total gerührt. GG. gab sie ihren Rosario mit den besten Wünschen. Die Kellnerin will sich noch irgendwie entschuldigen, dass sie uns den Nachtisch nicht einfach geschenkt haben, aber sie wusste es ja nicht. So war jedenfalls mein Eindruck, denn ihr Englisch war nicht sehr gut. Wir beide standen in dieser Szenerie mit total rotem Kopf. Es war jedenfalls ein herzliches Erlebnis.
Wir fahren noch ein wenig die Küste entlang, bis die Straße nicht mehr weiter ging und machen uns auf den Heimweg.
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