Um fünf Uhr – ja in der Früh – quälen wir uns aus dem Bett. Wir möchten heute eine lange Wanderung machen. Diese dauert 6 Stunden und ist am anderen Ende der Insel. Da die Sonne hier sehr schnell untergeht, keine Beschilderung existiert, müssen wir genau in der Mitte des Tages an unserem Zielpunkt sein. Morgens und Abends nur eine halbe Stunde Fahrt im Dunkeln. So easy living ist es nun doch nicht. Wir stehen vor der Tür und unser Guide (uns wurde dringend geraten diese Tour nur mit einem solchen zu machen) kommt nicht. Wir warten 22 Minuten und fahren los. Keine Ahnung, wo wir hin müssen. Auf jeden Fall an das andere Ende der Insel. Es beginnt auch noch, in Strömen zu regnen. Ich will da nicht raus. An der Straße steht jemand mit dem Daumen raus. Den nehmen wir jetzt mit, denn er weiß wenigstens den Weg bis zur nächsten Stadt. Von da ist es eine Stunde die Küste entlang. Ab und zu die Fehlstellen in der Fahrbahn, ansonsten ganz gut zu schaffen. Das Wetter wird nicht besser. Wir kommen in der Hauptstadt an und biegen in die erste Straße ein. Nach 5 Minuten kommt ein Wanderer des Weges. Wir fragen nach der Richtung und sind natürlich falsch. Es war nicht die erste, sondern die zweite Straße, die wir hätten nehmen sollen. Also wieder zurück und die zweite Straße hoch. Wir fahren und fahren. GG meint, es kann doch nicht so weit sein. Na ja Luftlinie! Die Straße verzweigt sich und wir überlegen nicht mehr wo wir lang fahren sollen. Wir lassen dem Glück den Vorrang. Ein Schild mit dem Namen des Nationalparks im monsunartigen Regen lässt vermuten, dass wir prinzipiell richtig wären. Plötzlich hört die Straße auf. Wir sind falsch! Zurück die nächste Straße nehmend. An dessen Ende das Visitor Center, einsam auf dem Berge. Verriegelt und verrammelt. Gestern war auf der Insel die große Fete und so ist kaum jemand unterwegs. GG meint, dass sie auf keinen Fall in den Monsun da draußen möchte. Ich behaupte, dass unser Umherirren ja nur den Sinn haben kann, dem Wetter die Chance zu geben, endlich besser zu werden.
Also wieder zurück. Die nächste Straße endet in so etwas, was wie ein Dorf aussieht. (Laudat) 500 Meter zurück in eine mit Zweigen und Blättern überzogene Gasse, auf der der Regen runterfließt. Ich probiere das jetzt. Dieser Weg hat ein kleinen Parkplatz neben einer Furt. Ich sehe etwas Rotes durch das Laub schimmern. Der Regen hört auf. Endlich nach zwei Stunden. Ich steige aus und möchte sehen was da ist. Nach 400 Metern weiß ich Bescheid. Wir sind richtig. Zurück am Wagen kommt gerade eine geführte Tour von zwei Leuten. Der Guide wollte von uns 100 US$, wenn er uns mitnimmt. Ich lehne ab. Bis hier her haben wir gefunden und so schaffen wir den Rest auch noch. Wir packen unsere Habseligkeiten. Wasser, Mohrrüben, Kekse, Salami, Baguette, Brownies, Cracker, Käse, Mülltüten (für den Regen), Fotoapparat, zusammen und machen uns auf den Weg. 🌎 Nach kurzer Zeit überholen wir die Guided tour. Der Weg ist nach diesem Regen ein einziges Schlammparadies aus klebriger lehmiger Erde.
Da rein gelegt sind ein paar Äste, die das Ganze eigentlich befestigen sollen. Die Oberfläche dieser ist mit Algen überwachsen oder mit Modder gesprenkelt. Ein falscher Tritt und du liegst lang. Ab und zu müssen wir runter vom Weg, weil wir nicht knietief versinken wollen. Egal, es regnet nicht mehr und der Weg ist deutlich zu erkennen. Wir sind frohen Mutes. Der Weg zieht sich durch das Unterholz. Der Umgebung können wir nicht die angemessene Aufmerksamkeit zollen, weil wir darauf achten müssen, wo wir unsere Füße hin stellen. Es geht Bergauf – Bergab. Nach rechts links schlängelnd.
Überall nur Bäume und ungezählte dieser Wegesäste. Ein Schwefelgeruch durchzieht den Wald. Jetzt schon? Wir sind erst eine Stunde unterwegs. Wir schöpfen die Hoffnung, dass wir viel schneller sind. Haben aber genauso die Befürchtung, an irgendwas vorbeizulaufen. Ich verbiete mir sämtliche Extratouren und bleibe auf dem Weg. Eine Schlucht ist zu Überqueren. Ein Bach stürzt neben und unter uns ein paar Meter hinab. Nun wieder Wald. Wald. Wald. Und Millionen Wegbefestigungsäste auf denen wir langbalancieren. Es geht Bergauf. Nun Bergab. Der nächste Fluss ist zu überqueren. Ich suche ein paar Äste, die uns dabei helfen. Vorsorglich deponiere ich sie auf der anderen Seite. Wir kommen ja zurück, so Gott will. Jetzt geht es bergan. Immer balancierend auf diesen Hölzern. Es nimmt kein Ende. Immer wenn wir denken, wir sind jetzt oben, kommt nach einer kleinen Kurve wieder eine Steigung. Oft fehlen ein paar Balken und wir müssen Riesenschritte machen.
Alles auf diesem glitschigen Untergrund. Aber an nächste Ecke sind wir Oben. Nee, immer noch nicht. Noch ein paar mal nicht. Um die 1000 Meter ist der Berg hoch und endlich haben wir den höchsten Punkt erreicht. Ein kräftiger Wind fegt über die Insel und wir müssen aufpassen, nicht vom Berg geweht zu werden.
In diesem Moment können wir unser Ziel daran erkennen, dass aus den Baumwipfeln heller Dampf aufsteigt. Es scheint nicht so weit. So gehen wir motiviert weiter. Von hier an geht es bergab. Die glitschigen Stämme runterzusteigen, stellt sich als noch unangenehmer heraus.
Rutscht du von einem ab, so polterst du die nächsten 20 gleich mit runter. Wenn du dabei die Kontrolle verlieren solltest, stürzt du gleich noch steil die Felswand runter die hier beidseitig vom Wege ist. Devise: ganz langsam und Vorsichtig! Plötzlich ist der Weg ganz weg und wir stehen an einem mehr oder weniger steil abstürzenden Bach. Ich fragte mich nicht, wo es weiter geht, da ich von der plötzlichen Farbenpracht überwältigt bin. Alle Erdfarben sind hier vertreten. Im Tale qualmt es gen Himmel und Schwefelgeruch liegt in der Luft.
Ich entdecke ein Seil und hangele mich den Bachlauf hinab, um festzustellen, dass ich an der Weiterführung des Weges vorbei bin. Also wieder ein wenig hoch und auf die andere Seite. Nun geht es relativ einfach weiter. Der Weg ist mit roten Sprühflecken markiert, die so alle 500 Meter an irgendeinem Stein sind. Jetzt untersuchen wir aber erst einmal die Fumarolen.
Feiste Strukturen gebildet aus kondensierten Mineralien überdecken die Oberfläche. Jede noch so kleine Pfütze brodelt.
Gelb umrandete Löcher stoßen unter lautem Zischen einen schwefligen Dampf aus.
Es ist toll. Der Weg führt nun weiter den Fluss entlang. Dieser ist milchig hellblau mit mehlfeinen weißen Schlick am Grund. Eher kleine Becken laden zum Baden ein.
Jetzt nicht! Wir müssen weiter. Pechschwarze Rinnsale vermischen sich mit dem Bach.
Wir kreuzen den Bach mehrmals, bis der Weg von ihm weg führt. So toll es eben war, wir sind nun schon über drei Stunden strammes Schrittes unterwegs. Ein weiterer Bach ist zu überqueren. Dieser verläuft in einer Schlucht. Wie kommen wir da nun rüber.
Seilgleiche Lianen helfen uns die Wand herunter. Mulmig ist mir dabei schon, aber die Dinger halten. Wieder ein wenig durch den Wald und das Ziel immer noch nicht in Sicht. Die nächste Lichtung. Ein weiteres Fumarolenfeld. Wir gehen nun etwas zügiger durch. Auf der gegenüberliegenden Seite ein Hügel, aus dem es dampft. Das muss es sein. Langsam lässt auch unsere Motivation sowie Energie nach. Wir erreichen den boiling Lake. Eine kleine Platform ca. 5 Meter über ihm gibt den Blick frei.
Runter an dessen Ufer zu gelangen, ist von hier aus nicht möglich. Wir haben momentan auch keine Lust auf Experimente. In einem Krater, der mit Wasser gefüllt ist, brodelt es gewaltig. Also eigentlich wie ein Nudelkochtopf. Wasserdampf zieht durch den ganzen Kessel, bevor er vom Winde aus diesem rausgetragen wird. Es ist interessant, aber nach kurzer Zeit gibt es nichts Neues zu sehen, und im Kopfe rotiert der Gedanke des langen Rückweges. So brechen wir auf. Vor uns liegen 3 Flussüberquerungen, mehrere Steilaufstiege, Millionen von hölzernen Stufen, die durch unsere Tritte beachtet werden wollen. Bei jedem größeren Hindernis auf diesem Wege sind wir froh, es abgehakt zu haben. Jetzt nur noch das und das… Am größten Fluss bereiten wir mitten in ihm, auf einem Stein, unser Mahl. Nach ca 10 Minuten entdeckten die ansässigen Moskitos uns als das Ihrige. Wie aufgescheuchte Hühner machten wir uns auf den Weg. Es geht alles viel schneller. Die sorgfältig drapierten Stöcke für die Flussquerungen halfen ungemein. Auch der ständig zum Teil stürmisch blasende Wind tat sein Bestes, um den Weg zu trocknen. Wir sparten eine Stunde ein. Froh am Ausgangspunkt angekommen zu sein, überlegen wir, was heute noch geht. Nichts! Vor uns liegen 90 Minuten kurvige Fahrt über die Insel. Bis Portsmouth können wir es im Hellen schaffen. Also rein ins Auto und los. Mittlerweile kenne ich die Strecke recht gut. Es verwundert mich auch nicht mehr so sehr, dass sie hier alle auf der falschen Seite fahren und allerlei Zeuchs auf der Straße rumliegt oder die Straße plötzlich mal aufhört. Wir kommen ganz gut durch. In der Stadt fahren wir an unserem Abzweig vorbei und suchen ein nettes kleines Lokal am Strand. Schon fast am Aufgeben, öffnet sich ein Strand vor uns mit einem nett aussehenden Lokal. Perfekt. Die Dorfjugend hat am Strande seinen Spaß.
Wir sitzen hier bei dem Fang des Tages und der rote Feuerball versinkt mit einem Farbspektakel im Meer.
Was braucht es mehr?
18:30 Uhr – stockdunkel. Zwei sitzen mit Eulenaugen im Wagen und schleichen sich zurück auf die andere Seite der Insel. Diesmal ohne sich zu verfahren. In unserem Quartier ist heute live Musik. Es ist ganz nett anzusehen. Sie versuchen ihr Bestes (ein total Betrunkener sang auch die ganze Zeit: trying my Best), um erst mal zusammen zu finden.
Dazu muss ein Lied herhalten. Das Repertoire erweiterte sich zunehmend. Wobei fünf mal so viel nicht wirklich viel ist. Wir waren aber irgendwie durch und begaben uns in unser Zimmer. Meeresrauschen und Blues bzw Reggae wiegten mich in den Schlaf.
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